April 19, 2024

Bevölkerungsentwicklung und Bewahrung der Natur – Herausforderung für eine Sicht auf das Ganze aus Sorge um das Ganze

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Bevölkerungsexplosion kein Thema mehr – gar ein „Unwort“?

Publiziert 2019

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Beide Bilder: Pixabay

Einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Menschen auf der Erde, der jeweiligen Bevölkerungsdichte und den vielfältigen Aspekten der sozial-ökologischen Krise (inklusive Klimawandel und seine Folgen!) kann ernsthaft niemand bezweifeln. Dennoch ist auffällig, dass im Zusammenhang mit der umfassenden Bedrohung unserer Lebensgrundlagen überwiegend nur noch der Klimawandel im Focus der öffentlichen Diskussion steht. Innerhalb der ohnehin sehr einseitigen Klimadiskussion wird das Augenmerk – ausgehend vor allem von Deutschland – praktisch ausschließlich auf das Phänomen der „Treibhausgase“ und deren Reduktion, und die vorgebliche Weltrettung durch verbesserte Techniken gelenkt. Sei es im Bereich der Energiegewinnung (die angeblichen Klima-Segnungen der sogenannten Erneuerbaren Energien), sei es im Bereich der Mobilität (der geforderte Abschied vom Verbrennungsmotor), der Gebäudetechnik (Dämmung, Dämmung und nochmals Dämmung): im Wesentlichen ist die öffentliche Wahrnehmung gesteuert durch den medialen Treibhausgase-Hype. Sie ist dadurch eingeschränkt und inzwischen reduziert auf einen CO2-Tunnelblick. Die direkten und indirekten Folgen des weiterhin wachsenden Bevölkerungsdrucks der Menschheit auf die Erde erscheinen in der Diskussion, wenn überhaupt, nur noch randständig. Ein gründlicher und unvoreingenommener Blick auf die komplexen Zusammenhänge von Bevökerungsentwicklung des Menschen und Verlust der Biodiversität, der das herausragende Hauptkennzeichen der ökologischen Krise und des Überschreitens der planetaren Grenzen ist, ist in der öffentlichen Debatte überfällig, wie sich zeigen wird. Denn Habitatwahl und Präferenzen des Menschen haben im geschichtlichen Prozess der Besiedlung der Erde durch den Menschen sich auch in den heutigen Siedlungsmustern niedergeschlagen. Zunächst ein Blick auf „biologische Grundlagen“:

Tragfähigkeit von Lebensraum – ein Thema nur für die Tierökologie?

Im großen verwandten Ganzen, im Tierreich, zu dem der Mensch als ein Vertreter der Wirbeltiere von seiner Herkunft her zu zählen ist, hängt das Überleben von einem geeigneten Lebensraum ab. Vögel oder Säugetiere suchen und benutzen ein Homerange im geeigneten Habitat, stecken sich, ihrer Familie oder Gruppe innerhalb des Homeranges oft ein Revier ab, und verwenden viel Zeit und Energie darauf, dieses gegen arteigene oder auch artfremde Eindringlinge bzw. Rivalen falls nötig, mit verschiedensten Mitteln zu verteidigen. Zumeist, aber nicht immer, wird dabei Gewalt vermieden. Es besteht so etwas wie ein Notwehrrecht auch schon in der Natur. Nehmen wir als Beispiel die besonders anspruchsvollen Beutegreifer: Schon das winzige Mauswiesel nutzt einen Aktionsraum von rund 10 Hektar , und bei einem Luchskater dehnt sich der beanspruchte Lebensraum auf mehrere zig Quadratkilometer aus. Je nach Qualität des Habitats braucht es mehr oder weniger Fläche zum Lebenserhalt. Bei Beutegreifern ist der limitierende Faktor im Wesentlichen das Beuteangebot.

Habitat und Homerange – auch für Menschen gültige Regeln?

Wir Menschen sind „Allesfresser“ und können „von Natur aus“ ein äußerst vielseitiges Angebot nutzen. Im Laufe der Menschwerdung (Hominisation) hat das Gruppenleben, das WIR, eine immer entscheidendere Rolle für unser Sozialverhalten und das an die Umwelt angepasste Verhalten, unsere Etho-Ökologie, gespielt: Mehrere Kernfamilien (Mutter, Vater, Kinder) haben sich zusammengeschlossen, ein gemeinsames Gebiet mehr oder weniger gut für sich erschlossen, zumindest für ein zeitweiliges verbleiben zum Sammeln und Jagen genutzt und in der archaischen Entwicklungsstufe auf Stammesniveau auch gegen Fremde verteidigt. Der Mensch macht in seinen stammesgeschichtlichen Wurzeln zunächst also keine Ausnahme von anderen höheren Säugetieren, die wohlorganisiert in Gruppen leben (etwa Wildhunde, Wölfe, viele Affenarten), und innerhalb ihrer Homeranges Reviere etablieren. Der Hintergrund für das „Besetzen“ und „Halten“ eines gewissen Territoriums ist – wie bei den Tieren – schlicht die Bereitstellung aller zum Überleben notwendigen Ressourcen. In unserem Falle: Wasser, Unterschlupf und später Material zum Hütten- und Hausbau, essbare Pflanzen und Pilze, in der Stufe der Sammlerinnen und Jäger geeignete Jagdbeute. Gibt es zu wenig von einer der limitierenden Ressourcen kann man das Streifgebiet ausdehnen oder muss schließlich, nach Erschöpfen des Gebietes, weiterziehen. Selbst der nach dem Sammeln und Jagen in vielen Bereichen speziell der waldreichen Tropen etablierte Wanderfeldbau funktioniert noch nach diesem Prinzip: Kommen, gut finden, bleiben, Nutzung etablieren, nach Endnutzung weiterziehen…

In besonders gut ausgestatteten Regionen konnten jedoch sich dauerhafte Menschenpopuationen etablieren: Fischreiche Küsten, Flusstäler mit bewaldeten Hängen und halboffenem Land, baumreiche Savannen. Ein Zusammenhang zum heutigen Schönheitsempfinden, wenn es um Landschaft geht, scheint zu bestehen.

Unsere Vorfahren waren bei der „Eroberung“ der Erde nach heutigem Maßstab mit unvorstellbar kleinen Populationsdichten unterwegs oder regional vertreten: In Zentral- und West-Europa waren in der Jungsteinzeit (zwischen 33000 und 42000 Jahren vor unserer Zeit) nach neuesten Erkenntnissen phasenweise weniger als 1000 Menschen anwesend. Noch immer sehr geringe Populationsdichten herrschen bis heute in den fast ausnahmslos durch Okkupation bedrohten Stammesgebieten der letzten „Eingeborenen“ der Erde. So leben heute ungefähr 19.000 Angehörige des Yanomani-Volkes auf einer Fläche im nördlichen Amazonasgebiet, die etwas größer ist als Ungarn.

Die frühen Menschen waren während der Ausbreitung des Menschen über Jahrzigtausende immer so etwas wie „Pioniere“ in fremdem Land, vor allem wandernde Neuankömmlinge . Aber auch „Alteingesessene“ lebten in kaum ermesslicher „Einsamkeit“, was den Kontakt zu weiteren Gruppen betraf. Mit dem Phänomen der Knappheit waren sie im täglichen Überlebenskampf vertraut. Allerdings schien die Welt für sie gleichzeitig unendlich groß und unerschöpfbar :

Die Natur als unbegrenzter Selbstbedienungsladen – möglicherweise eine stammesgeschichtliche Altlast?

Man konnte in der Frühzeit der Menschheit weiterziehen, wenn es nichts mehr zu essen gab – Platz war genug, und am nächsten Ort war sozusagen wieder alles zu haben. Die fortgesetzte immer wieder erfolgreiche Landnahme dürfte das Verhältnis zur Natur entscheidend und über Jahrtausende geprägt und eine insgesamt expansionistische Weltsicht geformt haben. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass der Mensch im Sinne einer ökologischen Einnischung auf sein Habitat wie ein „patch-disturber“ wirkt. Zitat Rees (2002):

Eine patch-disturbance-Spezies wird definiert als ein Organismus, der – meist durch zentrische Nahrungsnutzung – einen kleinen ‘Zentralplatz’ stark beeinträchtigt und ein weit größeres Areal außerhalb dieses Kerngebietes in geringerem Ausmaß stört

Dies bedeutet nicht, dass der Mensch von vorneherein ein „Schädling“ (eine ohnehin völlig fehlgehende Kategorisierung ) für die Natur ist. Unbestreitbar jedoch ist die im Verlauf der Erforschung der Mensch-Umwelt-Beziehung gewachsene Erkenntnis, dass unser biologischer Erfolg – nämlich die immer dichtere Besiedlung großer Regionen der Erde – das GANZE, und damit die Grundlagen des eigenen Überlebens gefährden könnte (schon Hans Jonas 1979 in „Prinzip Verantwortung“; siehe Zitat aus Epple 2009 auf der Startseite).

Braunkohletagebau in Garzweiler, Deutschland. Foto: Pixabay. Der Energiehunger einer wachsenden Menschheit mit wachsendem Anspruch auf Wohlstand zeigt die Endlichkeit der Reserven und Ressourcen des Planeten deutlich auf. Wenn auf dieser Homepage auf mehreren Seiten die Naturzerstörung im Zuge besonders flächenintensiver und damit naturfressender sogenannter Erneuerbarer Energien kritisch aufgegriffen wird (siehe die Seiten zu Windkraft, Wasserkraft), bedeutet das nicht, dass die Nutzung sogenannter „fossiler“ Energien per se unkritisch gesehen wird.
Im Gegenteil: Die Nutzung und Plünderung der historischen Vorräte der Erde (nicht nur von Kohle, Gas oder Öl, sondern auch von Metallen, seltenen Erden, neuerdings speziell für die Erneuerbaren, usw.) im weitesten Sinne hat uns einen trügerischen Glauben an Sicherheit in eine Schein-Tragfähigkeit (Phantomtragfähigkeit) der Erde beschert (siehe weiter unten auf dieser Seite).

Zur Tragfähigkeit des Planeten für die Spezies Mensch wird in der heutigen Zeit jede Bemerkung kritisch beäugt und kommentiert. Dennoch sind Gedanken, die auf Erkenntnissen der biologischen Wissenschaft – auch zur „Biologie des Menschen“ – fußen, schon aus Gründen der Plausibilität und Vernunft nicht von der Hand zu weisen:

Populationsdichten und Habitat-Schädigung – ein unweigerlicher Zusammenhang

Denn: Grundsätzlich unterscheidet sich der Mensch biologisch zunächst nicht von anderen Arten, die unter gewissen Umständen und Populationsdichten ihr eigenes Habitat schädigen können, weil sie vom vorhandenen Naturkapital mehr verbrauchen als an Ort und Stelle nachwächst bzw. langfristig („nachhaltig“) zur Verfügung steht. Im Tierreich setzen in diesem Fall so gut wie immer regulative Mechanismen ein. Man kennt die Massenzyklen kleiner Nagetiere, die mit hoher Sterblichkeit beendet werden, weite Wanderungen großer Pflanzenfresser zu ergiebigen Weideflächen, bei Beutegreifern das erwähnte Ausdehnen oder Anpasssen des Homeranges, und in vielen Fällen gibt es eine Anpassung der Fortpflanzungsraten an das Nahrungs- und Beuteangebot (Greifvögel, Eulen). Solange in der „Ökologie des Menschen“ eine „Übernutzung“ und der zu hohe Verbrauch von Naturkapital nicht in globalem Maßstab geschieht und geschah, waren globale Grenzen für die Menschen nicht sichtbar und Erschöpfung des Naturkapitals nur fühlbar im direkten Umfeld. Ankommen, Nutzen/Übernutzen, Weiterziehen – ist für eine globalisierte Welt in einem 7,7 Milliarden-Kollektiv jedoch längst keine Option mehr, zumal die Steigerung und Wirkung unserer heutigen Wirtschaftskraft durch Effizienz und Kreativität auch auf nicht nachwachsende Ressourcen gründete und noch immer gründet. Der Ökologische Fußabdruck der Menschheit ist im Gesamten schon größer als die Erde Ressourcen bereitstellen kann und er ist je nach Entwicklungsstand, Ansprüchen und Lebensstil regional äußerst unterschiedlich. Planetare Grenzen sind inzwischen längst sichtbar. Sie werden seit Jahrzehnten erforscht und diksutiert. Einen anschaulichen und umfassenden Übersichtsartikel zum Konzept und zur Problematik des überhöhten Ökologischen Fußabdruckes der heutigen Menschheit hat der kanadische Ökologe WilliamE. Rees 2002 verfasst.

Und dass es zu viele von der eigenen Art gäbe? Über die längste Zeit der Menschheitsgeschichte war das einfach unvorstellbar!

Buschmann, Ureinwohner, Jäger Und Sammler, San
Zur archaischen Entwicklungsstufe der Menschheit gehören riesige Streifgebiete und zur Verfügung stehende Weite. Sammeln und Jagen erforderten große Kenntnisse über die Natur und körperliche sowie geistige Beweglichkeit und Geschicklichkeit. Die Menschen der prärationalen Stufe fühlen sich Eins mit der Natur. Drangvolle Enge einer modernen Metropole wäre ein Fremdwort, wie ein Erlebnis von einem anderen Stern für diese Lebensweise. Foto: Buschmann-Ureinwohner; Foto: Aino Tuominen, Pixabay
Mit dem Untergang und der Verdrängung der letzten Sammlerinnen-und-Jäger-Völker der Erde aus ihren angestammten Lebensräumen geht auch die über Jahrzigtausende erprobte archaische Kulturstufe eines an die Primärproduktion der natürlichen Lebensräume angepassten Lebens der Menschheit und damit wertvollstes Wissen verloren. Allerdings ist das Leben unter archaischen Bedingungen sicher nicht zur „glücklichen Natur-Kinder-Zeit“ zu verklären. Es ist ein Leben mit vielen Gefahren und Entbehrungen, wobei als tägliche „Arbeitszeit“ nach vielen vergleichenden Untersuchungen runde vier Stunden genügten…Das Bild zeigt einen Buschmann. Foto: Erich Wirz, Pixabay

Leere Welt – volle Welt?

Die Situation hat sich aufgrund unseres biologischen Erfolges, der sich in der Bevölkerungsgröße niederschlägt, in nur wenigen Jahrhunderten komplett gewandelt: Nicht mehr wenige Menschen sind mit einer von Artefakten leeren Welt voller wildem Leben konfrontiert, sondern viele, sehr viele Menschen leben, oft auf dichtestem Raum, in einer von Artefakten vollen Welt mit überwiegend dienstbar gemachtem Leben (die Nutzungs- und Hätscheltrabanten).

Mit städtischem Leben wachsen Anforderung an soziale Toleranz und soziale Intelligenz. Gleichzeitig wächst die Gefahr der Verarmung und Verelendung derer, die keine Teilhabe im weitesten Sinne haben. Versorgung mit „Frischluft“, Nahrung und Trinkwasser kann nur aus dem – teilweise weit entfernten – Umland gewährleistet werden. Das Abheben der menschlichen Populationsdichten von der primären Tragfähigkeit der jeweils urbanisierten Fläche beginnt bereit in der Polis der Antike oder in einigen Hochkulturen mit Verstädterung in Amerika. Dieses Abheben ist nur möglich durch Externalisierung der existenziellen Bedürfnisbefriedigung. Mit der urbanen Lebensform entsteht – solange die Versorgungs-Strukturen funktionieren – das in der Geschichte der Menschheit sehr junge kollektive und individuelle Vertrauen in eine Schein-Tragfähigkeit der Stadt. In vielen Metropolen herrscht inzwischen eine mehr oder weniger vollständige Naturferne der Menschenindividuen, die sich dennoch Ausgleich in der verbliebenen Schönheit der Primärnatur sucht (Stichworte: Jahresurlaub in den Bergen, Wandern in den Wäldern, Chillen am Strand, Naturerfahrung beim Climbing, Rafting, Trecking usw.). Das Bild zeigt eine Straßenszene in Kairo/Ägypten. Foto: Simon Matzinger, Pixabay
Symbol für die mit Artefakten volle Welt einer auf 7,7 Milliarden angewachsenen Menschheit ist der durch sie erzeugte Plastikmüll. In großen Teilen der Erde funktioniert keine auch nur einigermaßen organisierte Müllentsorgung, obwohl überall hin Plastik in allen erdenklichen Formen gelangt.
Während einer Feldstudie im Jahr 2015 zählten Wissenschaftler den Müll an verschiedenen Stränden von Henderson Island – und erfassten dabei mehr als 53 000 Einzelteile unterschiedlicher Größe. Durchschnittlich fanden sie mehr als 670 Überreste unserer Zivilisation pro Quadratmeter Strand. Hochgerechnet verschmutzen fast 40 Millionen Plastikteile unterschiedlicher Größe mit einem Gesamtgewicht von 17,6 Tonnen die Strände des vermeintlichen Südseeparadieses.
Foto: © Jennifer Lavers

Die über Jahrtausende den Menschen unendlich scheinende Wildnis und Natur verabschieden sich aus der Lebenswelt der allermeisten heutigen Menschen. Die Primärnatur ist schon jetzt zurückgedrängt auf wenige Reste. Der Exodus der Wildnis hält an.

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Der Central-Park in New York kann als Illustration für ein Endstadium der Mensch-Natur-Situation aufgefasst werden, in der und in die sich die Menschheit in Bezug zu ihren Lebensräumen bereits bewegt. Foto: Leonhard Niederwimmer, Pixabay

Und immer noch benehmen sich die Menschen, als wäre der Naturvorrat in jeder Hinsicht unerschöpflich, unbegrenzt, ein Selbstbedienungsladen eben…

Biodiversität, Welthunger und Zahl der Menschen: Frage der Tragfähigkeit – Frage der Gerechtigkeit?

Die Frage, wieviele Menschen diese Erde tragen und (nicht nur) ernähren kann, stellt sich daher in sehr komplexem, vielschichtigem Zusammenhang. Wer diese Frage nur an der enorm gesteigerten und vielleicht noch zu steigernden Effizienz der Landwirtschaft misst, kann leichtfertig sagen, dass die Erde auch 12 oder 16 Milliarden Menschen tragen kann. Die Bevölkerungsfrage bereits als gelöst zu betrachten, ist sicher vorschnell:

„Wieviele Menschen die Erde maximal tragen kann, vermag bis heute niemand genau zu bestimmen; ob und wann es zu viele sind, lässt sich schlicht nicht sagen. Und dennoch verwandeln sich die immer präziseren Datenreihen der modernen Demographen durchaus in Horrorvisionen malthusianischen Zuschnitts. Zwar gilt Malthus heute als empirisch wiederlegt, da sich noch jede vermeintliche Grenze durch menschlichen Erfindergeist wieder verschieben ließ. Andererseits braucht es aber nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen dass es irgendwann definitiv zu viele Menschen sein werden; (…)Die Frage nach der Tragfähigkeit der Erde ist ohne Zweifel die Kernfrage, auf die die unablässig kopfstärker werdende Menschheit dringender denn je eine Antwort finden muss.“ (Matthias Glaubrecht, 2019: Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten. C. Bertelsmann. 1071 Seiten, Seite 313)

Computermodelle sind das Zeichen der Zeit, wenn es um wissenschaftliche Betrachtungen unserer Zukunft auf dem Planeten geht. Eine der führenden Modellschmieden ist das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, PIK, das sich auch in die Bevölkerungsdebatte hinsichtlich der Welternährung aktuell einbringt:

„(…) Eine neue Studie unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht umfassende Lösungsvorschläge, wie man 10 Milliarden Menschen innerhalb der Belastungsgrenzen unseres Planeten ernähren kann….“, heißt es in einer auf dem Informationsdienst Wissenschaft am 20. 01.2020 veröffentlichten Pressemitteilung.

Angesichts der Positionen, die führende Mitarbeiter des PIK seit Jahren an anderer Stelle zur sogenannten „Großen Transformation“ (Welt im Wandel Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation, WGBU 2011) vertreten, sind ihre Schlussfolgerungen insgesamt gründlich zu hinterfragen. Denn ihr vorgeblich umfassender Ansatz läuft bei genauerer Betrachtung vielfach auf Reduktion auf Treibhausgase (CO2), Dekarbonisierung und kritiklose Unterstützung angeblich „klimaneutraler“ Technologien hinaus (sehr konkret: Ausblenden der Kollateralschäden etwa beim Ausbau der Windkraftindustrie). Schon im WGBU-Bericht von 2011 findet man unter „Welt im Wandel – Megatrends des Erdsystems“ keine angemessene Aufarbeitung der viele Probleme mit verursachenden Bevölkerungsproblematik.

Die Wortmeldung des PIK zur angeblich möglichen Ernährung von 10 Milliarden Menschen lässt sich besser einordnen, wenn man eine fast zeitgleich (2020) erschienene PIK-Publikation zu „Gesellschaftlichen Kippmechanismen für die Stabilisierung des Klimasystems der Erde“ berücksichtigt, die in einigen Teilen die Wiederholung der schon 2011 vorgeschlagenen Transformationspfade in eine „klimaneutrale Gesellschaft“ ist.

Wer die Bevölkerungsfrage nicht ausblendet, sondern in den Zusammenhang des ungelösten Senkenproblems und erst recht in den Zusammenhang einer gerechten Teilung der Erde mit dem anderen Leben, insbesondere mit „anspruchsvollen“ Wildtieren, stellt, muss eher zu weniger optimistischen Ergebnissen kommen. 10 Milliarden Menschen auf Dauer und nachhaltig zu ernähren, würde enorme Konsequenzen haben und Einschnitte in den weltweit eher auf dem Vormarsch befindlichen „westlich-zivilisierten“ Lebensstil bedeuten. Es müsste sich erst erweisen, ob eine solch optimistische Folgerung wie die des PIK aus einem „ausgefeilten Computermodell“ wirklich realistisch ist. Die Frage drängt sich auf, ob es den Verfassern in Wirklichkeit um „von oben“ oktroyierte, damit der Gesellschaft als Ganzes aufgezwängte Vorschriftensammlungen geht, wie die Menschen ihr Leben zukünftig zu gestalten haben. Die völlig an der gesellschaftlichen Realität einer längst offensichtlichen Spaltung vorbeigehende Einschätzung ausschließlich positiver Wirkungen der Bewegung „Fridays for Future“ durch die PIK-Autoren jedenfalls lässt diese Frage berechtigt erscheinen und Zweifel zu, ob es den Verfassern von Endzeitszenarien überhaupt um Konsens geht, wie redundant vorgegeben wird. Hierzu mehr unter der Frage, ob der Klimawandel Anlass für Abrechnung und Hass sein darf.

Berücksichtigt man die herrschenden Fakten, nämlich die Lebensgewohnheiten, den Energiehunger, die momentan vielerorts überforderte Senkenfunktion der Erde und komplette Stoffkreisläufe, ist zum jetzigen Zustand ein „Overshoot“ an Verbrauch der von der Erde nachhaltig bereitgestellten primärproduktiven Ressourcen und Lebensgrundlagen durch die 7,7 Milliarden Menschen zu verzeichnen. Damit ist zwar keine endgültige Aussage zur theoretischen Tragfähigkeit unter bestimmten „transformierten“ Bedingungen getroffen. Die Tatsache, dass wir zur Aufrechterhaltung unseres „westlich-zivilisierten“ Lebensstils drei bis fünf Erden benötigen würden, ist jedoch ein klarer Fingerzeig. Selbst bei einem bescheidenen Fußabdruck von ca 2, 0 globalen Hektaren für alle Menschen – momentan eine reine Utopie – ginge die Rechnung für knapp 8 Milliarden Menschen auf der Erde allenfalls gerade noch auf…

Wie bei Klimamodellen scheint es also dringlich, Fakten (Realität), Prognosen (Computer-Modelle) und aus den erkannten Defiziten gespeistes Wunschdenken (und die daraus folgende politische Agitation) gründlich zu unterscheiden und zu durchleuchten (siehe die hier erneut empfohlene Aufarbeitung von Klimafakten durch Dr. Joachim Dengler).

In der Gegenwart ist jedenfalls das Problem des Welthungers bereits bei einer Weltbevölkerung unter 8 Milliarden Menschen nicht gelöst.

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Hunger und Armut sind nach wie vor Probleme einer Welt, in der die Güter der Erde extrem ungleich verteilt sind. Es ist daher zynisch, die Zahl der Hungernden an der Relation zur Gesamt-Weltbevölkerung festzumachen, oder nur einzelne Regionen mit positiver Entwicklung herauszugreifen. Welthunger ist die offene Flanke der Globalisierung. Man stelle sich vor, die anvisierten Billionenbeträge, die für „Klimaschutz“alleine in der EU bereit gestellt werden sollen, würden direkt in Projekte zur Beseitigung von Armut und Projekte zur Sicherung der Hotspots der Artenvielfalt auf der Erde gesteckt…Foto: Billy Cedeno, Pixabay

Noch sind mehr als 800 Millionen Menschen auf der Welt unterernährt, während gleichzeitig in „entwickelten“ Teilen der Welt Übergewicht ein Problem ist. Wird die Unsicherheit der Ernährungssituation mit erfasst, sind es gar mehr als 2 Milliarden Menschen, die „aufgrund mangelnder Kaufkraft oder wegen geringer Ernten (…) das Jahr über immer wieder an Ernährungsunsicherheit leiden und gezwungen sind, regelmäßig Mahlzeiten auszulassen, weniger oder billige, aber minderwertige Nahrung zu sich zu nehmen.“ In Zusammenhang mit der Lage der Welternährung fällt uns die Frage der nicht verwirklichten Gerechtigkeit zwischen Menschen besonders hart auf die Füße.

Bevölkerung und Biodiversität: komplexe Zusammenhänge, differenzierte Sicht notwendig

Aus den Erkenntnissen der Biologie, die Genetik, Evolution, Ethologie und Ökologie gleichermaßen einschließen, ist längst klar, dass das Aussterben unserer großen und eindrucksvollen Begleiter aus dem Tierreich gerade deshalb droht oder im Gang ist, weil im weitesten Sinne die Konkurrenz um den Lebensraum mit dem Menschen und auch die direkte Verfolgung vieler Spezies in eine inzwischen entscheidende Phase gegangen ist. Die von der Menschheit verantworteten „Big Killers“ für die Natur und ihre Wildtiere sind jeweils in Einzelheiten bekannt, gut erforscht und beschrieben, wie als ein Beispiel unter Hunderten von Spezies das Aussterben der Nashörner belegt. Plastikmüll gehört übrigens inzwischen auch zu diesen Killern. Der Zusammenhang von Bevökerungsdichte des Menschen und heutiger Biodiversität ist aus der gemeinsamen Geschichte von Mensch und Natur jedoch komplex und geht nicht in die einfache Richtung je mehr Menschen, desto höher der Verust an Biodiversität: Eine Auswertung von 148 speziellen Publikationen der letzten 30 Jahre zu Biodiversität und Bevökerungsentwicklung führt zu einer differenzierten Sicht. Die Hauptaussage soll hier wörtich wiedergegeben werden:

„The statement that “demographic change is the most important indirect driver of biodiversity loss” does not acknowledge the complex nature of the relationship between demographic change and biodiversity. The often cited statement suggests a mono-directional relationship between demographic phenomena and biodiversity, where demographic dynamics automatically exert a negative influence on biodiversity. Our findings show that the critical demography–biodiversity relationship is complex and multifaceted in its different manifestations and requires a more diversified scientific recognition. (…) In addition, most studies focusing on correlations between biodiversity and demographic factors could not uncover the causality behind the common co-occurrence of biodiversity and densely populated regions. One explanatory approach suggests that this co-occurrence is based on the availability of energy for both humans and biodiversity (plants and animals).“

Beim Hinweis auf möglicherweise die Artenvielfalt sogar fördernde Veränderung durch bäuerliche Landswirtschaft begegnet uns diese Komplexität der Mensch-Natur-Interaktion genauso wie bei der Feststellung, dass in der heutigen Zeit in manchen Arealen von Großstädten eine größere Artenvielfalt herrscht als in den ausgeräumten Agrargebieten.

Die Frage der Tragfähigkeit der Erde für die Populationen verschiedener Spezies ist also nicht nur ein Gegenstand der Forschung im außermenschlichen Bereich durch die Populationsbiologie und Tierökologie. Richtig allerdings bleibt: Die Tragfähigkeit der Erde für den Menschen ist begrenzt. Sie ist es gerade unter Berücksichtigung des Gerechtigkeitsaspektes, nämlich Gerechtigkeit zwischen Menschen und Gerechtigkeit im Umgang mit dem Lebensrecht des Außermenschlichen.

Ein weiterer Aspekt erhöht die Komplexität und die Dringlichkeit der Bevölkerungsfrage im Hinblick auf eine ganzheitliche Sicht der Naturbewahrung:

Gesteigerte Effizienz und Reboundeffekte

Trotz noch so großer Effizienzgewinne im Bereich der agrarindustriellen Nahrungsversorgung, trotz ausgeklügelter Techniken bei der Nutzung praktisch aller Naturgüter zeigt sich, dass sich der Mensch mit seiner eigenen Populationsentwicklung und den ökologischen Folgen von Landnahme, Siedlungstätigkeit, Bergbau oder intensiver Nahrungsmittelproduktion auseinandersetzen muss (s.o., Zitat aus Glaubrecht 2019). Reboundeffekte, ausgelöst durch Bevölkerungsdruck und Wirtschaftswachstum bedrohen inzwischen den Erfolg vieler gut eingeleiteter Maßnahmen zum Erhalt der Biosphäre und nachhaltiger Bewirtschaftung.

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Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzflächen sind fast überall auf der Erde nur noch auf Kosten des Waldes möglich. Das Spannungsverhältnis zwischen einerseits den Wohlfahrtsfunktionen des Waldes, seinen lebenserhaltenden Funktionen für das Klima und die Artenvielfalt und andererseits dem Flächenhunger der Menschheit für Nahrungsmittelproduktion ist eines der zentralen Konfliktfelder, die aus dem weiter wachsenden Bevölkerungsdruck entstehen. Foto: Reisterrassen in Südostasien; Pixabay

Dass gerade die rasante Verstädterung dort weitergeht, wo der ursprüngliche und potenziell immer noch präsente Naturreichtum am größten war (oder ist) und zu Siedlungsschwerpunkten von Mensch und Natur geführt hat, verschärft und kompliziert also die Problematik. Es ist folgender Ablauf: Hochproduktive Natur – (erste) Siedlung des Menschen, zunächst bäuerlich – (heutige) Verstädterung mit Verlust von Natur und landwirtschaftlicher Produktionsfläche…Und wieder ist es der Gerechtigkeitsaspekt, der in dieser Entwicklung in den Mittelpunkt rückt: Schaffen wir es, die Hot-Spots, die für Mensch und Natur gleichermaßen wichtig sind, gerecht zu teilen, in diesem Falle zwischen Mensch und (Rest-)Natur?

Tabus im Bereich der Bevölkerungsfrage?

Der Bevölkerungsdruck, den unsere Spezies auf alle Erdteile an allen Ecken und Enden ausübt, gleichzeitig wachsende und berechtigte Ansprüche jedes einzelnen der beteiligten Individuen des Menschheitkollektives an ein gutes Leben, die ernüchternde Tatsache der weiteren Zersiedelung und Degradation der Lebensräume sogar in Regionen, in denen die Bevölkerung bereits stagniert (noch immer annähernd 60 ha Flächenausweisung pro Tag für Siedlung und Verkehr alleine in Deutschland!) gehen für die umfassende Umweltbedrohung Hand in Hand und zeigen auf dringenden Handlungsbedarf. Überbevölkerung, Übernutzung, und die Frage der Tragfähigkeit, resultierende Wohnungsnot, Verarmung, Luftverschmutzung und Verkehrskollaps in vielen wuchernden Metropolen der Erde dürfen keine durch politische Korrektheit tabuisierten Begriffe sein. Denn sie weisen auf den nicht widerlegbaren Zusammenhang der sozial-ökologischen Krise mit dem Fortpflanzungsverhalten der Spezies Mensch.

Urbanität und Siedlungsballung: Schein-Tragfähigkeit und Externalisierung

Der in den überfüllten Großstädten der Erde lebende Teil der Menschheit (und das ist bereits die Mehrheit) hat sich an eine Schein-Tragfähigkeit (Phantom-Tragfähigkeit im Sinne Catton 2000) (nicht nur) seines urbanen Lebensumfeldes gewöhnt, weil die Versorgung mit den Gütern aus dem dienenden Land bislang noch gelingt. Das könnte sich aber ändern. Und selbstverständlich soll mit Focus auf Verstädterung nicht übersehen werden, dass inzwischen auch ein Großteil der Landbevölkerung sich längst an das Phänomen einer Scheintragfähigkeit gewöhnt hat. Denn längst ist in den hochentwickelten Teilen der Erde auch in ländlichen Regionen der Lebensunterhalt der Bevölkerung von der Landwirtschaft nicht mehr direkt abhängig, sondern durch vielfältige und arbeitsteilige Erwerbstätigkeit von der flächengebundenen Erzeugung des täglichen Brotes abgehoben.

Bevölkerungssituation und Gerechtigkeit

Wie gezeigt, ist die Frage der Gerechtigkeit unter den Menschen, die Verpflichtung zum gerechten Teilen und Zugang zu den Gütern der Erde, eng mit der globalen wie regionalen Bevölkerungssituation verknüpft. Die drangvolle Enge der weltweit wuchernden Metropolen lässt für den Einzelnen kaum einen Blick oder Gedanken auf die notwendig zur Verfügung stehen müssende primärproduktive Erden-Fläche zu, um ein menschenwürdiges und gutes Leben zu ermöglichen.

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Ein immer größerer Anteil, nämlich mehr als die Hälfte der derzeitigen Menschheit lebt bereits in Städten, und immer häufiger in beengten Verhältnissen. Tendenz steigend. Im Jahr 2050 werden 68 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Gegenwärtig sind es 55 Prozent. Das bedeutet, dass bis 2050 weitere 2,5 Milliarden Menschen in Städten leben werden. 90 Prozent dieses Wachstums wird in Asien und Afrika stattfinden. Das geht aus dem aktuellen Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen hervor (Stand 2018) (…)Bis zum Jahr 2030 soll es 43 Megastädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern geben. Das Bild zeigt eine Straßenszene in Honkong. Foto: Pixabay

Die Menschen der Metropolen haben sich nicht nur an die jeweilige Schein-Tragfähigkeit ihres Umfeldes gewöhnt. Sie sind es in den hochentwickelten Regionen der Erde seit Verstädterung und spätestens seit der Kolonialzeit auch gewöhnt, einen großen Teil ihrer Bedürfnisse zu externalisieren, also an anderen Orten, und selbst in fernen Ländern zu befriedigen. In der Folge werden auch die wahren Kosten einer Lebensführung, die „über ihre Verhältnisse“ geht, fehl eingeschätzt.

Schon seit der Kolonialzeit und verschärft im Zeitalter der Globalisierung ist diese Externalisierung von Bedürfnissen ein Phänomen einer ganzen Kulturstufe und damit goßer Bevölkerungen – also nicht nur ein Kennzeichen städtischen Lebens. Unser „westlich-zivilisierter“ Lebensstil insgesamt führt zur Inanspruchnahme von erheblichen Landflächen in der ganzen Welt (am Beispiel Österreischs aufgearbeitet bei Erb 2002). Dass dies nicht ohne Folgen bleibt für die Situation der Menschen in den jeweils aus der Ferne „okkupierten“ Gebieten, ist selbstredend. Wieder begegnet uns die Globale Gerechtigkeit als Anwurf und Aufgabe für Ethik und Verantwortung .

Zusammengefasst, ein erstes Fazit: Die Menschheit hat ihre Hausaufgaben im zentralen Spannungsfeld zwischen Bevölkerungsfrage und der Bewahrung der Natur trotz vieler bedenklich stimmender Erkenntnisse nicht gemacht (siehe Epple 2019, Kommentar in „Spektrum der Wissenschaft“). Im Moment wächst die Weltbevölkerung täglich noch um mehr als 200.000 Menschen. Mit ihr wächst der Druck auf die Natur.

Szenarien – kann man wirklich vorsichtig optimistisch sein?

Richtig ist aber auch, dass seit Jahren die verschiedenen Szenarien für die weitere Entwicklung der Weltbevölkerung stark schwanken, und an „Zielvorgaben“ ausgerichtet sehr unterschiedliche Rechenergebnisse erbringen. Von weiterhin aber langsamer wachsender Bevölkerung (dennoch möglicherweise ein Desaster) bis zu einem Sinken der Weltbevölkerungszahl im Zusammenhang mit gewachsener Lebenserwartung und gestiegenem Wohlstand wird vieles je nach Rechenmodell denkbar – und vermutlich erreichbar. Schon heute ist die aktuell zu beobachtende Bevölkerungsentwicklung in verschiedenen Kontinenten, verschiedenen Ländern (hier: Indien) und Entwicklungsstand (hier: Deutschland) sehr unterschiedlich:

https://www.pewresearch.org/wp-content/uploads/2019/06/FT_19.06.17_WorldPopulation_Populiation-growth-Africa-projected-remain-strong.png :

Was im Klima-Hype droht, unterzugehen:

Der bestehende Zusammenhang des Klimawandels mit der Bevölkerungsfrage

Gerade auch der in der einleitend aus diesem Grunde kritisierten Klimadebatte zu wenig beachtete Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdruck und Klimawandel (Bongaarts et al. 2018) darf nicht, wie es im Medien-Hype und politisch hektischen Aktionismus in stark verengtem Blick nur auf CO2 geschieht, außer Acht gelassen werden. Hier das Summary aus der wichtigen in „Science“ veröffentlichten Arbeit in deutscher Übersetzung:

Würde eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums die zukünftigen Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels verringern? Mit zusätzlichen 4 Milliarden Menschen, die bis 2100 auf dem Planeten erwartet werden, scheint die Antwort ein offensichtliches „Ja“ zu sein. In der Tat stützt umfangreiche wissenschaftliche Literatur diese Intuition. Viele Nichtregierungsorganisationen unternehmen klima- und bevölkerungsbezogene Aktivitäten, und nationale Anpassungspläne für die meisten der am wenigsten entwickelten Länder erkennen das Bevölkerungswachstum als wichtigen Bestandteil der Anfälligkeit für Klimafolgen an (1). Trotz dieser Beweise schweigt sich ein Großteil der Klimagemeinschaft, insbesondere das Zwischenstaatliche Gremium für Klimawandel (IPCC), die Hauptquelle für wissenschaftliche Informationen für den internationalen Prozess der Klimapolitik, weitgehend über das Potenzial der Bevölkerungspolitik aus, die Risiken der Welterwärmung zu verringern. Obwohl der jüngste IPCC-Bericht (2) eine Bewertung der technischen Aspekte der gegenseitigen Beeinflussung von Bevölkerung und Klimawandel enthält, erstreckt sich die Bewertung nicht auf die Bevölkerungspolitik als Teil einer breiten Palette möglicher Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen. Wir schlagen vor, dass vier Fehlwahrnehmungen von vielen in der Gemeinschaft des Klimawandels eine wesentliche Rolle bei der Vernachlässigung dieses Themas spielen, und schlagen Abhilfemaßnahmen für das IPCC vor, während es sich auf den sechsten Zyklus seines mehrjährigen Bewertungsprozesses vorbereitet.

Die vier Fehlwahrnehmungen des Klima-Alarms in Bezug auf das dortige Ausschweigen der Bevölkerungsproblematik sind nach Bongaarts et al (2018):

  1. Bevölkerungswachstum ist kein Problem mehr
  2. Bevölkerungspolitik ist nicht effektiv
  3. Bevölkerung spielt keine Rolle für das Klima
  4. Bevölkerungspolitik ist zu kontrovers, um erfolgreich zu sein

Eigenartigerweise werden auch die schreierischen Forderungen von „Fridays for Future“ dem zentralen Thema Bevölkerung nicht im Ansatz gerecht. Man müsste sich unangenehmen Fragen und einer umfassenden Kritik des Gebarens der Menschheit unterziehen…

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Riga, Lettland, Foto: Pixabay
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Kuala Lumpur, Malaisia, Foto: Pixabay
Panorama, Shanghai, Großstadt, China, Gebäude
Shanghai, China, Foto: Pixabay
Überall auf der Erde wuchern Großstädte, fast immer auf Kosten fruchtbarer Erde, auf Kosten landwirtschaftlicher Nutzfläche, auf Kosten gewachsener dörflicher Strukturen (rural-urban-transformation) oder zu Lasten der Primärnatur. Dies ist sowohl der Landflucht als auch dem Bevölkerungswachstum insgesamt geschuldet. Es ist eines der erstaunlichsten Phänomene und ein zentrales Defizit der hysterischen Klimadebatte, wenn die Rolle des weiteren Wachstums der Menschheit unterschätzt und der Menschen-Zahl keine Klima-Relevanz zugeschrieben wird und zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. Denn Energiehunger urbaner Bevölkerungen, Versiegelung, Betonierung und Verdichtung der Bauflächen sowie Wasserverbrauch und der Verlust der Vegetation bedeuten nicht nur lokale Wärme-Insel-Effekte…

…Denn wenn es darum geht, das Phänomen des vom Menschen beeinflussten Weltklimas mit klarem Blick zu ergründen, sind alle die Krise als Treiber bedingenden Aktivitäten der Menschheit und ihre Folgen, also der Blick auf das GANZE, von entscheidender Wichtigkeit. Der in der Klima-Hysterie betriebene Reduktionismus auf wenige ständig nachgesprochene Schlagworte: Ausstoß von „Treibhausgasen“ (speziell CO2), Ausstieg aus Kohleverbrennung, Verbot von Verbrennungsmotoren mit naiver Forderung nach „Elektro-Mobilität“ und ungehemmtem Ausbau volatiler Energiegewinnung („100%-Erneuerbare“…)mit einhergehender Gefährdung der Grundversorgung verstellt den Blick auf die viel weiterreichenden Zusammenhänge. Die Folgen des durch den Medien-Hype und eine schon hysterische und populistische Kampagnenarbeit verschiedener Organisationen verursachten Tunnelblickes auf das CO2 führen dazu, dass diesem Aspekt alles untergeordnet werden soll. „Klimaschutz“ führt in dieser gedanklichen Verengung in das Gegenteil von Bewahrung der Natur und ist das Gegenteil eines ganzheitlichen Ansatzes.

Der zur Zeit in politischem Aktionismus eingeleitete „Klimaschutz“ aus verengter technischer Perspektive verliert den Blick auf das Ganze, und in gefährlicher Weise speziell auch auf die Bevölkerungsfrage. Ebenso verliert dieser Aktionismus den Blick für die durch technischen „Klimaschutz“ selbst verursachten Kollateralschäden. Auf Wirtschaftswachstum und Industrie verengter „Klimaschutz“ kannibalisiert den Naturschutz nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch rechtlich und faktisch, und nimmt dabei nicht nur keine Rücksicht auf die Natur, sondern ebenso keine Rücksicht auf den Menschen (s. Epple 2017).

Die Debatte um den „Klimaschutz“ muss die Bevölkerungsfrage mit all ihren negativen Folgen für Mensch und Natur als eines der dringendsten Handlungsfelder der sozial-ökologischen Krise mit einbeziehen.

Der hier vertretene ganzheitliche Ansatz zur Bewahrung der Natur tut dieses fraglos: Die gründliche Befassung mit der Bevölkerungsfrage ist Voraussetzung für Menschlichkeit. Die Verwirklichung von Menschlichkeit ist die Grundlage, auf der Mitgeschöpflichkeit als eines der Ziele der Ethik des ganzheitlichen Naturschutzes erst aufgebaut werden kann.

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