Das Beitragsfoto zeigt den Storchenhahn des Außernzeller Storchenpaars im Flug. Er ist leicht zu erkennen an einer dauerhaften Lücke im linken Flügel. Im Jahr 2023 brütet der Storch nach einem verlorenen Kampf ums Außernzeller Nest im Nachbarort Schöllnach. Auch dies ist Teil des Erfolgs. Foto: Wolfgang Epple
In einem beglückenden Falle reihe ich eine Geschichte aus dem eigenen Leben unter den positiven Beispielen ein.
Der Hintergrund: In Außernzell, unserer wunderschönen Wahlheimat, haben noch nie Weißstörche gebrütet, jedoch:
Im Jahr 2019 hat ein Paar versucht, auf einem Baukran ein Nest zu errichten, und scheiterte mit diesem Versuch.
Die Nisthilfe wurde, nachdem uns dieser vergebliche Ansiedlungsversuch im Jahr 2019 ein Jahr später bekannt geworden war, von meiner Frau und mir der Gemeinde als Einstandsgeschenk gemacht.
Eine Nisthilfe wird vorbereitet…
Es waren – neben dem finanziellen Aufwand – über Monate hinweg etliche logistische Schritte und helfende Hände von Nöten und beteiligt:
Herstellung des Horstkorbes durch den jungen Schlosser Michael Urmann aus Schöllnach im Januar 2020:
…und an guter Stelle der Gemarkung platziert:
In Abstimmung mit Bürgermeister Michael Klampfl/Außernzell wurde die Nisthilfe auf unseren Vorschlag im Februar 2020 am Ortsrand von Außernzell, im Bereich der „Kleinen Ohe“ aufgestellt.
Der Bereich der „Kleine Ohe“ bot sich an, weil in unmittelbarer Horstnähe augenscheinlich wertvolle Nahrungshabitate sind. Die Störche werden sicher nicht nur diesen Bereich, sondern auch andere Bereiche der Talaue – wie sich in den ersten Tagen zeigt besonders Richtung Schöllnach – und selbstverständlich auch höher liegende Ackerflächen bei Gelegenheit nutzen. Jede extensiv genutzte Fläche mit Kleintierangebot ist auch Nahrungshabitat.
Im Jahr 2020 passierte wenig: nur ein Besuchsstorch im Mai…manch einer lächelte, unser Optimismus aber blieb…
Nach einem weiteren Jahr Abwarten : Außernzell wird zur Heimat eines Storchenpaars
Am 25. April 2021 war es dann so weit: Zwei Störche kamen an diesem Sonntag an. Sie waren offensichtlich bereits verpaart, denn die Paarung fand schon am ersten Tag statt!
Viele Bürger kamen an den Ortsrand, es wurde kräftig „gepostet“, und wenige Tage später berichtete die Passauer Neue Presse…
Die Feuchtgrünländereien, die von Tobias Fischl an der „Kleinen Ohe“ in Erstpflege genommen wurden, sind wichtige Bestandteile des Weißstorchhabitats in Außernzell. Auch das geschützte Feuchtgebiet an der „Kleinen Ohe“ südöstlich des Ortes hat sicher zum Erfolg der Ansiedlung beigetragen.
Die Außernzeller Störche sind unberingt. Vermutlich gehören Sie angesichts der späten Ankunft zur Ost-Population. Aber das ist unsicher, denn Erstansiedlungen sind häufig „später dran“.
Der Verlauf dieser Neuansiedlung der Störche und die erfolgreiche Brut sind als Reaktion auf das Horst-Angebot ein wunderbares Geschenk. Dies gerade in diesem Jahr 2021, in dessen Verlauf viele Jungstörche in ganz Bayern und Süddeutschland Opfer der Wetterkapriolen geworden sind: Erst war es im Mai in der Haupt-Periode des Schlüpfens sehr kalt und nass. Die noch sehr kleinen Jungvögel verhungerten oder verendeten witterungsbedingt. Die gewittrigen Hagelstürme des Frühsommers haben dann zusätzlich zu erheblichen Verlusten geführt. Außerdem ist der Außernzeller Bruterfolg ein Hinweis, dass verbreitete Lehrbuchweisheiten über die Habitatansprüche der Störche nur bedingt richtig sind: Auch wenn es nicht mehrere Hundert Hektare Feuchtwiesen in der Außernzeller Gemarkung gibt, ist die Vielseitigkeit der abwechslungsreichen Kulturlandschaft mit entscheidend. Um die Störche jedoch dauerhaft zu unterstützen, wird es sicher sinnvoll sein, geeignete Lebensraum-Verbesserungen anzugehen. Besonders eingestreute Feuchtstellen und Kleingewässer sind geeignet, die Nahrungsgrundlage der Störche zu stabilisieren und sogar zu verbessern. Der Nahrungsbedarf für die heranwachsenden Jungstörche ist enorm, und beträgt in der Hauptwachstumsphase täglich mehr als 1 kg pro Individuum in Form von Kleintieren…
Eine weitere Lehre für den Naturschutz erteilen uns die Außernzeller Störche; sie ist eigentlich nicht neu, aber wird neuerdings selbst von ehemaligen Naturschutzverbänden, die sich heute als Klimaschutzverbände an der Schwächung des Naturschutzes beteiligen, nicht mehr richtig erkannt:
Individuen zählen für den Naturschutz – das zeigt die Geschichte der Außernzeller Störche
Die diesjährigen großen Verluste an Jungvögeln und die erfolgreiche Neuansiedlung des Weißstorchs in Außernzell zeigen, dass und wie sehr es im Artenschutz auf die Individuen ankommt.
Gerade der individuelle Schutz von Wildtieren – auch der von Störchen – wird von der Windkraftbranche und den mit ihr paktierenden Umweltverbänden angegriffen und aufgeweicht. Ausführlich habe ich dazu in meinem Buch zur Windkraft (s.u.) Stellung genommen; und auch in diesem Beitrag zum von der Windkraftbranche gefeierten „Vogelfrieden“ des NABU ist die für den Naturschutz brennend aktuelle Problematik aufgegriffen. Der Essay ist auch in das Buch zur Windkraft als Anhang aufgenommen. „Naturverträglicher Ausbau der Windkraft“ ist schlicht nicht möglich. Und diese Industrie-Branche nimmt – gestärkt durch ständigen Rückenwind einseitiger Medien – zunehmend offen keine Rücksicht mehr auf den Artenschutz.
Die kleine Erfolgsgeschichte der Störche in Außernzell wird hoffentlich fortgesetzt, denn:
2021: Es gibt Anlass zur Hoffnung , dass die Außernzeller Störche nächstes Jahr wiederkommen und , falls es zur Tradition des Horstplatzes kommt, zur Festigung der in unserem Bereich am Fuß des Bayerwaldes nicht sehr ausgeprägten Storchenbevölkerung beitragen.
Ein Ansporn für weiteren Flächenschutz sind diese Störche allemal…Insbesondere aber sollte unsere schöne Landschaft nicht auf dem Altar eines „Klimaschutzes“ geopfert werden, der die naturfressende Invasion der Windkraftindustrie irrtümlich gleichsetzt mit einem Beitrag zur Weltrettung. Siehe hier und hier.
2022: Das Storchenwunder von Außernzell geht in die zweite Runde
Nach gründliche Pflege des Horstes im Februar 2022:
Am 05. April 2022 kommt zuerst – ungewöhnlich allemal – die Störchin an.
Am 13. April zieht der Storchenhahn vom letzten Jahr ein; am 14. April…:
…die Passauer Neue Presse berichtete...
Das Brutjahr 2022 verlief für die Außernzeller Störche erfolgreich. Drei Jungstörche wurden bei bester Gesundheit flügge:
2023: Das Storchenjahr beginnt mit Veränderung, einem Drama und Turbulenzen
Im dritten Jahr in Folge wird der Masten-Horst von Weißstörchen angenommen. Der Platz scheint begehrt, denn …
… am 17. März 2023 kommt es zu dramatischen Szenen, die Aufschluss über die neue Besetzung geben: Das Paar, das anwesend ist, hat zumindest was den Hahn betrifft, eine neue Zusammenstellung. Der Hahn aus 2021 und 2022, erkennbar an der Fehlstelle im linken Flügel, versucht, den Horst zurück zu erobern, der ganz offensichtlich einen neuen Besitzer hat. Es kommt zu einem dramatischen Storchenkampf. Das anwesende neue Paar schlägt mehrere Angriffswellen, die der Gründer-Storch der Vorjahre fliegt, zurück:
Storchenkämpfe werden äußerst hartnäckig geführt und können tödlich enden. Gottseidank wurde keiner der Störche verletzt, und der Unterlegene schreibt im gleichen Jahr im Nachbarort Schöllnach Geschichte…die PNP berichtete.
Jedes Individuum zählt – was wir von den Außernzeller Störchen lernen können
Den Schutz der uns anvertrauten Geschöpfe auf die Populationsebene zu beschränken bzw. abzuheben, bedeutet das Ende des Begriffes „Unter Naturschutz“. Die individuelle Schutzwürdigkeit haben uns gerade die Außernzeller Störche – und zwar sowohl die weißen als auch die schwarzen (!!) – gezeigt.
Denn was für eine verachtende, ja zynische Argumentation ist es, zu sagen: „Wenn da Einzelne umkommen, ist es nicht relevant, weil die Population in Bayern nicht gefährdet ist…“
Wer sich interessiert, findet hier ausführliche Argumentationshilfe:
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