April 19, 2024

BUND und Windkraft Offener Brief an Prof. Hubert Weiger vom 17. April 2016

Beitragsbild: Windkraftindustrie in Ostfriesland. Foto: Eilert Voß

Vier Vorbemerkungen:

1.) Inzwischen ist Prof. Hubert Weiger nicht mehr BUND-Chef. Sein Wirken aber hat Spuren hinterlassen. Seine Nachfolger haben am Kurs nichts geändert. Der Verrat am Naturschutz durch die Verbandelung des ehemals starken und unabhängigen BUND mit der Windkraftindustrie macht diesen Verband im finalen Konflikt um die letzten naturnahen Landschaften zur Fehlbesetzung. Der BUND ist in dieser Sache nicht länger „Anwalt der Natur“. Darüber kann nicht hinwegtäuschen, dass viele an der Basis des BUND weiterhin wertvolle Naturschutzarbeit leisten und andere Themenfelder weiterhin abgedeckt sind.

2.) Die Verbandelung und annähernd bedingungslose Unterstützung der Windkraftindustrie durch den BUND wird belohnt. § 12 der Satzung des BWE (Bundesverband WindEnergie e.V.; Stand 04.04.2019) lautet wörtlich: „Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks geht das Restvermögen an den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), der es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke im Sinn des § 2 dieser Satzung zu verwenden hat.“

3.) Etliche Befürchtungen und Aussagen im offenen Brief sind eingetreten, so der vor Gericht errungene Nachweis der Rechtswidrigkeit der baden-württembergischen Genehmigungspraxis für Windkraft im Wald, siehe hier. Der Offene Brief ist nach vier Jahren so aktuell wie nie.

4.) Der Bezug des offenen Briefes zur damaligen Auseinandersetzung des BUND/Weiger mit dem viel zu früh verstorbenen führenden Windkraftkritiker Enoch Freiherr zu Guttenberg sei hervorgehoben. Jene Auseinandersetzung legte die ganze Perfidie in der BUND-Gangart gegen Kritiker der Windkraftindustrie bloß.

Offener Brief

betr.: BUND und Windkraft;
“Lobbyarbeit in Sachen Umwelt: Neue Bündnisse für die Energiewende” (http://www.epv.de/weiger) und
“Zwei Herzen in einer Brust”(http://www.frankenpost.de/lokal/fichtelgebirge/fichtelgebirge/art654373,4779513)

Schiltach im Schwarzwald, den 17. April 2016

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Weiger,

es blutet einem das Herz, wenn man mehr als 45 Jahre aktiv für den Naturschutz in Deutschland gekämpft hat, und seit geraumer Zeit Ihr hartnäckiges,
redundantes öffentliches und sehr einseitiges Eintreten für die Windkraft im Namen des BUND zur Kenntnis nehmen muss.

Es bedarf keiner “zwei Herzen” in einer Brust, wie Sie pathetisch in der Frankenpost “einräumen” , wenn man als achtsamer und zu Mitgefühl mit Außermenschlichem befähigter Mensch auf die Landschaft- und Naturzerstörung durch Windkraftindustrialisierung stößt, die, nachdem sie in Mittel- und Norddeutschland viele Landstriche bereits weitgehend entstellt und teilweise fast unbewohnbar gemacht hat, nun auch den Süden unseres Landes und dort allerwertvollste gewachsene Kulturlandschaften und ebenso allerwertvollste letzte intakte Naturlandschaften “überrollt”.

Es genügt ein Herz, das blutet.

Ihr Bekenntnis zum “naturverträglichen Ausbau” der Windkraft, und das aus Ihrer Sicht am Besten als “Energie von Bürgern für Bürger”, erschienen am 13.April 2016 in der “Frankenpost”(http://www.frankenpost.de/lokal/fichtelgebirge/fichtelgebirge/art654373,4779513), ist ein schon beklemmendes Zeichen für starres Festhalten am einmal eingeschlagenen Kurs trotz vielfältigster Denkanstöße. Zum “naturverträglichen Ausbau” der Windkraft unten mehr.

Ich habe selbst in den 1980er-Jahren einige Zeit als Landesgeschäftsführer des NABU in Baden-Württemberg (der Verband hieß damals noch Deutscher Bund für Vogelschutz, DBV) die Strukturen (Ortsverbände, Kreisverbände) eines solchen Mitgliederverbandes hauptberuflich betreut, dessen Stärke und vor allen Dingen dessen Glaubwürdigkeit im Wesentlichen von unten durch die ehrenamtlich Engagierten bestimmt wird.

Nicht Enoch zu Guttenberg diskreditiert mit seiner pointierten Kritik an Ihrer Windkraft- Propaganda die Arbeit der meist ehrenamtlichen Naturschutzaktiven Ihres Verbandes. Nein – Sie und andere Führungspersönlichkeiten des BUND bringen die gesamte bisher so unendlich wertvolle Arbeit, ja das historische Verdienst Ihres Verbandes und seiner unermüdlichen Naturschutzkämpfer vor Ort in Misskredit durch das ständig wiederholte öffentliche und nur schein-pragmatische Bekenntnis zur Windkraftindustrie. Sie kommen zum von Ihnen erneut aufgegriffenen Konflikt um Äußerungen Ihres Kritikers Enoch zu Guttenberg in der Süddeutschen Zeitung vom 25. März 2016 zu Wort; die Süddeutsche schreibt:

„Weiger ließ sofort in den Führungsgremien des BUND und dessen Landesverbänden recherchieren, was dran sei an Guttenbergs Vorwürfen. „Mit dem Ergebnis“, sagt Weiger, „dass nichts dran ist, absolut nichts“. Unter den 190 Personen in den engeren Führungszirkeln des Verbandes gebe es nur bei zwei Ehrenamtlichen „berufliche Überschneidungen“ mit der Windkraft-Branche, und die auch nur „in weitestem Sinne“. http://www.sueddeutsche.de/bayern/umweltschutz-bund-verklagt-enoch-zu-guttenberg- 1.2920152

Diese Ihre Verlautbarung, sehr geehrter Herr Prof. Weiger, lässt schon staunen. Gehört eine – wohl kaum ehrenamtlich arbeitende – Landesgeschäftsführerin des BUND, wie z.B. in Baden-Württemberg, nicht zum “engeren Führungszirkel” Ihres Verbandes? Die vollständige Information hierzu: Frau Sylvia Pilarski-Grosch, die derzeitige Geschäftsführerin des BUND Landesverbandes Baden-Württemberg, war seit 2003 Vorstand im BWE, seit 2007 Vizepräsidentin und von April 2013 bis April 2014 Präsidentin des BWE. Nachlesbar, unter anderem hier: https://www.wind-energie.de/presse/pressemitteilungen/2013/sylvia-pilarsky-grosch-neue- bwe-praesidentin

Haben Sie die Vorgänge im und rund um den BUND in einem anderen Bundesland, die zur Gründung der Naturschutz-Initiative e.V. (http://www.naturschutz-initiative.de/ ) geführt haben, nicht zur Kenntnis genommen?

Ich möchte Ihnen dringend empfehlen: Weiten Sie Ihren Blick auf Ihren Verband gerade in Süddeutschland nach Westen. Ich kann mich hier auf das Bild beschränken, welches die Führung Ihres BUND-Landesverbandes Baden-Württemberg abgibt. Wie einseitig dieser Landesverband im Thema Windkraft agiert, und sich dabei in eine für einen angeblich„unabhängigen“ Verband schon bizarre und peinlich anmutende obrigkeitshörige Nähe zur dortigen GRÜNEN Windkraft-Machthaber-Partei begibt, ist für viele Naturschützer schlicht unbegreiflich.

Der nach Ihrer Sicht angeblich mögliche “naturverträgliche Ausbau der Windkraft”, für den Sie fast schon trotzig Propaganda betreiben, hat nun hier in Baden-Württemberg auf breiter Front mit verheerenden Folgen begonnen. Ich wiederhole deshalb sinngemäß gerne die Einladung, die ich schon Ihrer Landesführung in Stuttgart am 17. September 2015 (unten angehängt) gemacht habe:

Ich lade Sie, sehr geehrter Prof. Weiger ein, im Namen der stummen und wehrlosen Natur: Machen Sie einen Besuch in Baden-Württemberg – etwa als Sonntagsausflug, besser aber zu den Arbeitszeiten – an den aktuellen Monster-Baustellen in vorher stillen Wäldern und Landschaften unseres Landes, z.B. an der Prechtaler Schanze, im Wald bei Lauterstein, besichtigen Sie den Klosterwald bei Creglingen oder den Harthäuser Wald im Landkreis Heilbronn. Oder wandern Sie einmal zur “Platte” bei St. Peter im Schwarzwald, um sich über den “naturverträglichen Ausbau der Windkraft” ganz konkret ein Bild zu machen, – ein Bild von Eingriffen in Vorzugslandschaften in bisher kaum gekannter Größenordnung, die Ihre BUND-Führerinnen aus dem fernen Stuttgart beklatschen, ein Bild ganz ungeschönt und ganz aus der Nähe. Versuchen Sie dabei, wie es die uns alle bewegende Grundintuition des Naturschutzes einmal vorauslegte, Einfühlung, ja vielleicht sogar Mitgefühl zu zu lassen für das Wehrlose und Schöne der Schöpfung, das durch das Schlagen der Schneisen und das Hineinbetonieren von 200 Meter hohen blinkenden und rotierenden Kolossen in vorher belastungsarme bis belastungsfreie Lebensräume gestört, beschädigt oder vollends zerstört wird.

Schon die alten Griechen ahnten oder wussten: man kann den Kreis nicht quadrieren, schrieb ich im September Ihren BUND-Führung-Damen in Stuttgart.

“Naturverträglicher Ausbau der Windkraft” , die auch in Ihren Interviews, sehr geehrter Herr Prof. Weiger, wiederholte Parole des BUND bleibt trotz des scheinpragmatischen und wortreichen, redundanten Schönredens in Broschüren und auf BUND-Homepages in den Waldgebirgen und in artenreichen Kulturlandschaften nicht nur Süddeutschlands eineContradictio in Adjecto.

Eines ist jedenfalls sicher: Der Vorwurf Enoch zu Guttenbergs, “der BUND beteilige sich an der Zerstörung deutscher Kulturlandschaften”, ist alles andere als “absurd”. Er ist mit dem öffentlichen Beifall der Frau Dr. Dahlbender für die Windkraftindustrialisierung in Baden- Württembergs Vorzugslandschaften deutlich und historisch belegt.

Sie neigen zu großen Worten, sehr geehrter Herr Prof. Weiger, wenn es um Ihre eigene Verortung geht. So haben Sie in einem Interview des EPV Bayern (http://www.epv.de/weiger) auf Nachfrage zu Ihrem Maßstab formuliert:

Mein ethisches Gerüst kann ich auf die einfache Formel bringen: Achtung vor dem Leben. Dazu gehört Sensibilität. Ich muss prüfen, welche Wirkung meine Entscheidung für andere Bereiche hat. Eine Entscheidung ist nicht vertretbar, wenn sie nur eine positive Wirkung hat, aber viele negative Wirkungen”

Wollen Sie sich selbst in dieser Beglaubigung ernst nehmen, dann bitte ich Sie, das, was uns in Sachen Windkraftindustrialisierung möglicherweise bevorsteht, auch ernst zu nehmen.

Die Hauptaspekte Arten- und Landschaftsschutz, Gesundheit- und Erholungsvorsorge, die durch Windkraftindustrialisierung tangiert sind, und deren Hintanstellung und Unterwerfung unter den alles plattmachenden “Klimaschutz” eigentlicher Grund der “Spaltung der Umweltbewegung” sind, wie sie der Spiegel (14/2016: 80-81) diagnostiziert, deckt der BUND mit Ihrem vorentschiedenen Bekenntnis pro Windkraft nicht mehr mit der notwendigen Distanz und unabhängigen Kritikfähigkeit ab.
Die ästhetische Verabschiedung unserer wenigen bisher noch einigermaßen unversehrten Landschaften, die Zerstörung selbst des Tafelsilbers für den Naturschutz, für den Artenschutz, für die Erholungsvorsorge und den Tourismus, die Überantwortung ganzer Landstriche und Mittelgebirge an einen industriellen Komplex, die Konfliktkonvergenz gerade in den bisher “unbelasteten” und von Industrie freien Räumen, die zur Menschen und Schöpfung verachtenden Beton-Wirklichkeit werdende Utopie von den “Energielandschaften” (siehe in den Anlagen der Kommentar zur BBSR-Studie), zu denen der ländliche Raum umgebaut und damit devastiert werden soll, die schlichte Sorge vieler Menschen um ihren Lebensraum, ihr Habitat, — das alles sollte man möglichst nicht nur schein-betroffen auf den Lippen führen. Die Sorgen der Menschen um die monströsen Dimensionen der bevorstehenden Eingriffe muss man ehrlich teilen können, um die gesamte Naturschutzbewegung nicht an den Rand der Glaubwürdigkeit und in diesem Konflikt an die Grenzen der Belastungsfähigkeit zu führen. Immer mehr besorgte und betroffene Bürger fühlen sich von den bisher noch so wahrgenommenen “Anwälten der Natur”, speziell des BUND, beim Thema Windkraft im Stich gelassen.

Ich komme gerne auf einige Sachaspekte zu sprechen, da auch Sie, werter Herr Prof. Weiger, ständig das Totschlagargument “Klimaschutz” zur Rechtfertigung Ihrer Pro-Windkraft “Strategie” heranziehen, und weil die Diffamierung von Skeptikern durch Ihren Verband einfach nicht enden will.

So wird Enoch zu Guttenberg von Ihrem Bundesgeschäftsführer mit einem Vergleich zur

“Phantasiewelt des Don Quijote und an dessen irreale Kämpfe gegen die Windmühlen”

abgewertet. Dazu gleich mehr.

Zur Phantasiewelt der Energie-Utopisten: Am 22. September 2015 konnte man in der Tat einen Gipfel der Absurdität des Energie-Phantasie- und Wunderlandes der GRÜNEN und des BUND Baden-Württemberg in der SWR-Landesschau nachvollziehen:

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/rhein-neckar/grosskraftwerk-mannheim-block- kohlekraftwerksblock-neun-umwelt-naturschutz-betrieb/- /id=1582/did=16187448/nid=1582/1bp4jat/index.html

Aus Anlass der Inbetriebnahme des neuen Kohlekraftwerksblocks Mannheim demonstrierte der BUND-Landesverband Baden-Württemberg in Persona Frau Dr. Dahlbender und anderen, – also genau diejenigen, die sich in Sachen Windkraft kriecherisch andienen (s.o.) und gleichzeitig nicht verstehen können (s.u.) oder zugeben wollen, dass gerade wegen des Ausbaus der Windkraft für die Sicherheit der Stromversorgung Kohle-Schattenkraftwerke vorgehalten, ertüchtigt und ausgebaut werden müssen, damit sich unser windschwaches Land die Subvention der ineffektiven Windkraftmonster am falschen Platz auch leisten kann (siehe Anlage zur Unredlichkeit GRÜNER Politik).

Die Diffamierung kritischer Zeitgenossen und in Sachen Windindustrie skeptischer Andersdenkender, und ganz speziell das nun doch schon sehr abgegriffene Sich-Ab-Arbeiten am Kritiker Enoch zu Guttenberg durch den BUND aber geht weiter. Das äußert sich dann im BUND-“Newsletter”…

Gesendet: Freitag, 08. April 2016 um 08:47 Uhr
Von: „Martina Löw, BUND“ <martina.loew@newsletter.bund.net> An…

BUND zieht Klage gegen Enoch zu Guttenberg und NDR zurück

Stand: 08. April 2016

(….)
haben wir unsere Klage zurückgezogen. Denn wir möchten uns lieber
um Naturschutz, Klimaschutz, Energieeffizienz und den ökologisch verträglichen Ausbau der Erneuerbaren 
kümmern, als um die Auslegung von Verschwörungstheorien. Wir möchten uns auch nicht länger mit Enoch zu Guttenberg auseinandersetzten, der seine Ziele von einst, wie z.B. für den Ausstieg aus der Atomindustrie zu kämpfen, längst aufgegeben hat. Sein neuer Verband behauptet dagegen, dass der Ausbau der Windkraft nicht zur Reduktion der weltweiten CO2 Emission en beitragen könne. Auch dies wohl eine freie Meinungsäußerung, aber wieder ohne jede Tatsachengrundlage.
Da erinnert der Freiherr zu Guttenberg schon sehr der Phantasiewelt des Don Quijote und an dessen irreale Kämpfe gegen die Windmühlen.

Olaf Bandt
BUND Bundesgeschäftsführer Politik & Kommunikation

(Sprachfehler sind aus dem Original übernommen)

…und in Ihren erneuten Bemerkungen in der Frankenpost am 13. April 2016, obwohl doch angekündigt wurde, man wolle sich “nicht länger mit Enoch zu Guttenberg auseinandersetzten” Zu tief sitzt wohl die Blamage.

Man kommt nicht umhin den Begriff “Phantasiewelt” Ihres Bundesgeschäftsführers vertieft aufzugreifen, und die Erneuerbaren-Energie-Phantasiewelt gerade des BUND und seiner Windkraft-affinen Führung, der Sie vorstehen, ein wenig mit Fakten zu bereichern:

1) Nicht einmal von Stromimporten macht uns die Windkraft Made in Germany unabhängig; dies die bereits allgemein zugänglichen Informationen hierzu: “(…) Dass die deutsche Stromversorgung den vergangenen Winter gut überstanden hat, ist nicht zuletzt Reservekraftwerken im benachbarten Ausland zu verdanken (…) Wie eine Analyse der Netzagentur (…)zeigt, lag ihr Anteil an den Reserveeinsätzen bei durchschnittlich 88 %. Von November bis Ende Februar mussten die Netzbetreiber an 64 Tagen auf Gas- und Kohlekraftwerke aus der Winterreserve zurückgreifen .(…)”– lesen Sie dazu den prägnanten Artikel in der FAZ vom 08. April 2016 Nr.82, S. 17.

2) Selbst aus den Think-Tanks der Erneuerbaren-Befürworter, aus dem Öko-Institut und aus der Agora-Energiewende, haben wir ganz aktuell das Eingeständnis schriftlich: Der Zubau der “Erneuerbaren” bremst nicht die Verstromung von Kohle in Europa, verdrängt aber gerade die umweltfreundlichen Gaskraftwerke, die für den Stop-and-Go-Backup-Betrieb der Versorgungssicherheit eigentlich dringend gebraucht werden (siehe Anlage “Zuwachs bei erneuerbaren Energien, Strom aus Kohle konstant”).

Zum Backup-Betrieb von Kraftwerken lesen Sie auch das Eingeständnis des GRÜNEN Umweltministers Baden-Württembergs gerade zu für die Reservesicherheit dringend notwendigen modernen Gaskraftwerken: http://um.baden-wuerttemberg.de/de/presse- service/presse/pressemitteilung/pid/umweltministerium-aktualisiert-gutachten-zur- stromversorgung-bis-2025/

Sehr geehrter Herr Prof. Weiger,

Sie bemühen gerne die “globalen” Aspekte der Energiewende, und hierbei neben dem Klimaschutz allem voran den Ausstieg aus der Atomkraft. Ihr Weltrettung-durch-Windkraft- Weltbild müsste dann doch wenigstens eine Weitung des Horizontes innerhalb dieses Aspekts zulassen: Die Energiewende trägt nicht einmal auf europäischer Ebene, erst recht nicht auf globaler Ebene zum Ausstieg aus der Atomenergie bei. Dass die sogenannte “Energiewende” für diesen wichtigen Aspekt so gut wie nichts bewirkt, lesen Sie bitte z.B. hier:

http://www.atomausstieg- gg.de/site/assets/files/1281/hintergrundinformation_akw_europa_fertig_18_5_2015.pdf

Wie wenig bzw. welches NICHTS der Zubau von nunmehr fast 26.000 Windkraftanlangen in Deutschland zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beiträgt oder bisher beigetragen hat, recherchieren Sie einfach selbst. Die ernüchternden Daten sind öffentlich zugänglich. Das Nachsprechen der Werbeslogans der Windkraftindustrie zur “Einsparung von soundsoviel Tonnen CO2” und zur “Versorgung soundsovieler Haushalte mit Strom” ist deshalb mit jeder Wiederholung durch Sie und Ihre führenden Verbandsangehörigen Indiz für das, was man – vor dem Hintergrund der Tatsachen – nun schon eine tragisch anmutende gedankliche Verquickung nennen kann. Da hilft auch nicht die versuchte Verunglimpfung des neuen Naturschutzverbandes in Bayern durch Ihren Bundesgeschäftsführer.

Ihr eingangs aufgegriffenes Bekenntnis zu “den zwei Herzen in Ihrer Brust”, sehr geehrter Herr Prof. Weiger, ist für alle, die sich in unserem Land dem Schutz unserer letzten Reste nicht industrialisierter Natur verpflichtet fühlen, ein dröhnender Hohn. Der letztlich flächendeckende Verrat an den gemeinsam über Jahrzehnte mühsam erkämpften Errungenschaften und Standards des Arten-, Natur- und Landschaftsschutzes zu Gunsten eines industriellen Komplexes wird in die Geschichte das Naturschutzes eingehen. Keine Landschaft ist mehr sicher vor Windkraft-Industrialisierung. Mit jeder Ihrer Werbeaussagen für die Windkraft schwächen Sie die Position des Naturschutzes, und zwar in ganz Europa.

Die GRÜNEN ministeriellen Machthaber, mit denen sich Ihr Landesverband des BUND in Baden-Württemberg durch öffentlichen Beifall verbündet hat (s.u.), haben in meinem Bundesland in den letzten fünf Jahren in Sachen Windkraft einen politisch und rechtlich äußerst fragwürdigen Weg zu verantworten, der durch Abkehr vom geltenden höherrangigen Gemeinschaftsrecht und durch Schleifung mühsam erreichter, noch immer geltender innerstaatlicher rechtlicher Standards für den Natur- und Landschaftsschutz zu Gunsten der Windkraftindustrie gekennzeichnet ist. Es geht diesen GRÜNEN offenbar im Rahmen von Symbolpolitik um das Durchpeitschen der Windkraft auf Biegen und Brechen. Der Windenergieerlass Baden-Württemberg und die eingerissene Genehmigungspraxis halten einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand, auch dann, wenn die Verwaltungsgerichtsbarkeit einige Genehmigungen noch “durchgewinkt” hat. Sollte es zu keiner Korrektur kommen, wird ein Klage vor dem EuGH unausweichlich. An der Seite der Verteidiger des Rechtsstaates und des europäischen Gedankens in Sachen Naturschutz müsste man einen Verband wie den BUND eigentlich finden.

Erkennbare Korruption bis hinunter auf die Ebenen der Kommunen und Landkreise, Menschen verachtende Mindestabstände von WEAs zur Wohnbebauung, die Missachtung höherrangigen Gemeinschaftsrechts im Bereich des Arten-, Natur- und Landschaftsschutzes, Windkraftindustrie selbst in Landschaftsschutzgebieten, FFH- und Vogelschutzgebieten, in Wildkorridoren, die Verordnungsänderungen in Naturparks zu Gunsten der Windindustrie – – das alles, was längst – und letztlich bundesweit — eingerissen ist: Für Sie und die “BUND- Führungszirkel” offensichtlich kein Grund für eine Kehrtwende beim Thema Windkraft.

Sie sollten als Hauptverantwortlicher aus Ihrem Eintreten für die Windkraft ehrliche Konsequenzen ziehen: Geben Sie die aus meiner Sicht in diesem Konfliktfeld durch Sie fehl besetzte Nische im öffentlichen Diskurs frei. Tragen Sie damit bei zur Ehrlichkeit des Wettstreits der Argumente um den Schutz unserer längst schon kümmerlichen Restnatur und unserer letzten intakten Landschaften vor Zerstörung durch die Windkraftindustrie.

Naturverbundene Grüße

Dr. Wolfgang Epple

Zwei Nachsätze zu diesem Brief:

Enoch zu Guttenberg hat mit einem kämpferischen Vorwort zu meiner Denkschrift im Jahre 2017 beigetragen. Auszug: „(…)Ist es nicht ein noch viel anmaßenderer Frevel, liebevollste Kunstwerke dieser Schöpfung, die zauberhaftesten Landschaften mit Windrädern zu ruinieren? Hebt denn nirgendwo ein Pfarrer die Hand und hält den Landbesitzern, den Protagonisten dieses Windwahns, den klaren Auftrag aus der Genesis vor, in der mit ehernen Lettern geschrieben steht, wir hätten Gottes Schöpfung zu bewahren?(…)“

Hubert Weiger, heute Ehrenvorsitzender des BUND, hat den Offenen Brief – erwartungsgemäß – nie beantwortet. Der BUND ist beim Thema Windkraft weiterhin auf Kurs…