März 28, 2024

15. Februar 2022: Volker Quaschnings steile Aussagen zur Windkraft-Kritik: Zur Strafe Sand schaufeln, harmloser Infraschall, und Katzen sind schlimmer als Windindustrieanlagen

In einem Interview für für das Portal „Utopia“ vom 08. November 2021 mit dem vielsagenden Titel …

Warum man bei seiner Katze anfangen müsste statt gegen Windenergie zu wettern“

…lässt sich der „bekannte Fürsprecher der Erneuerbaren“ (so „Utopia“) Volker Quaschning zu mehreren Themenfeldern des Konfliktes Windkraftindustrie-Naturschutz und zum Schutz der Menschen mit bemerkenswert groben Verlautbarungen ein. Einigen seiner Aussagen soll hier nachgegangen werden. Es handelt sich wie bei vielen Wortmeldungen aus der Erneuerbaren-Energien-Szene um Schützenhilfe für den derzeitigen Frontalangriff auf den Schutz von Mensch und Natur im Rahmen der Energiewende. 

Es ist durchaus von grundsätzlicher Bedeutung, von welcher fachlichen Qualität die Aussagen derer sind, die in den Medien ständig zu Wort kommen und den Angriff der Windkraftindustrie auf die Grundlagen des ganzheitlichen Naturschutzes mit zu verantworten haben. 

Das schriftliche Interview beginnt mit einer zielgerichteten Fehlinterpretation des sogenannten Klima-Urteils des BVerfG , zu dessen fataler CO2-Engführung ich im Naturschutz Magazin 03/2021 der Naturschutzinitiative e.V. bereits Stellung bezogen habe. Es ist in Kreisen der Erneuerbaren Energien bis zur großen Politik eingerissen, das umstrittene Urteil als Freifahrtschein oder höchstrichterliche Aufforderung für den ungezügelten Ausbau der EE, speziell PV und Windkraft auszulegen.

Screenshot 14.02.2022 https://utopia.de/volker-quaschning-im-interview-269346/

Was allerdings dann im Interview zu einzelnen Punkten folgt, spottet vielfach jeder seriösen wissenschaftlichen Befassung mit den verschiedenen bekannten und komplexen Problemfeldern, die den Mensch und Natur gleichermaßen belastenden Zubau speziell von Windkraftindustrie begleiten. Einige Punkte seien – jeweils mit Quaschning-Zitaten belegt – herausgegriffen:

„Versechsfachung des Zubaus der Erneuerbaren – wir müssten in den 2030er Jahren klimaneutral werden“

Zur Frage nach der Erreichbarkeit des 1,5-Grad-Zieles Quaschning: „Dafür müssten wir in den 2030er Jahren klimaneutral werden. Mit dem heutigen Tempo der Energiewende bräuchten wir dafür aber 100 Jahre. (…) Wir haben jetzt etwa 20 Prozent Erneuerbare Energien. Durch die Versechsfachung des Zubaus würden wir in 15 Jahren bei etwa 100 Prozent landen. Schaffen wir das nicht, können wir uns von dem deutschen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen verabschieden. Das muss man so knallhart sagen.“

Kein Wort zur ebenso „knallharten“ Frage, wo die zu bauenden Anlagen (PV, Windkraft, denn um diese geht es) Platz haben sollen…

Speicherproblem? Nach Quaschning gelöst

Quaschning: „Wenn wir wirklich mal zwei bis drei Wochen zu wenig Strom haben, dann reden wir über die sogenannte Power-to-Gas-Technologie. Damit lässt sich überschüssiger Strom z. B. im Sommer durch Elektrolyse in Wasserstoff umwandeln. In der zweiten Stufe wird dieser weiter zu Methan aufbereitet, das ist praktisch Erdgas wie man es kennt, was ich dann zwischenspeichern kann. Die jetzigen Speicher, die wir haben, sind schon so groß, dass man für drei bis vier Monate Gas zwischenpuffern könnte. (…) Wenn wir also jetzt nicht mehr das Gas von Herrn Putin kaufen, dann können wir diese Speicher nehmen und unser regeneratives Gas einfüllen und bei Bedarf wieder rausholen. Das Ganze funktioniert, ist technisch ausgereift. Man müsste es jetzt einfach nur aufbauen.“

Was die Utopie einer die Wasserstoff-Strategie begleitend notwendigen Ver-X-fachung besonders von Windkraft (und Freiflächen-Photovoltaik) für Natur, Landschaft und Menschen in Deutschland bedeuten, hat der „Erneuerbaren-Fürsprecher“ offensichtlich nicht auf dem Bildschirm. Es ist der berühmte blinde Fleck der Ökonomie – in diesem Falle der EE-Industrie – für die Ökologie. Ein erschreckendes Defizit, das inzwischen alle Behörden und selbst den Sachverständigen Rat für Umweltfragen (SRU) erreicht hat, wenn letztlich der Abbau aller rechtlich und fachlich sehr wohl begründeten Hemmnisse für einen zügellosen Ausbau, die „Entfesselung“ speziell der Windkraft fallen sollen.

Infraschall: Quaschnings Vereinfachungen

Unter der Überschrift: Krank durch Infraschall? Kompletter Nonsens äußert sich Volker Quaschning zu einem hochkomplexen Teilbereich der Windkraftproblematik. Quaschning wörtlich (fette Hervorhebung WE): „Führt man sich nun vor Augen, dass der Infra-Schall im PKW deutlich größer ist, wird der Mythos vom Windrad, das Menschen krank macht, vollständig entzaubert. Ich könnte mich fünf bis zehn Jahre vor eine Windkraftanlage stellen und bekomme die gleiche Schallbelastung ab wie bei einer dreistündigen Autofahrt. Daher ist das aus wissenschaftlicher Sicht kompletter Nonsens.“  Eine solche Simplifizierung ist zumindest fragwürdig.

Ohne das Thema hier erschöpfen zu wollen oder zu können, sei an das französische Urteil (Urteil des Cour d’appel de Toulouse vom 8. Juli 2021 – 20/01384 ) erinnert, das durch den renommierten Fachanwalt Dr. Rico Faller /Caemmerer/Lenz eine fundierte juristische Einordnung gefunden hat. Entscheidend: Das Windturbinen-Syndrom ist keine Einbildung, keine Phantasie von Ewiggestrigen, wie immer wieder Glauben gemacht werden soll. Ich habe auf meiner Homepage eine zusätzliche Einordnung des Urteils unter dem Gesichtspunkt der Ganzheitlichkeit, der verfassungsrechtlichen Schutzgüter Gesundheit, körperliche Unversehrtheit , Schutz des Eigentums und der Umwelt, Natur und Tiere vorgenommen. Wer vorurteilsfrei in das Thema Windkraft und Gesundheit einsteigen will, sei u.v.a. auf aktuelle Übersichtsartikel hingewiesen: 

Evans, A. (2021)Wind turbines and adverse health effects: Applying Bradford Hill’s criteria for causation by Anne Dumbrille, Robert McMurtry, and Carmen Krogh – ‚Big noises: Tobacco and Wind‘ .Environ Dis 2021;6:109-10 . Alun Evans, Centre for Public Health, The Queen’s University of Belfast, Institute of Clinical Science B, Belfast, United Kingdom

Dumbrille A, McMurtry RY, Krogh CM. (2021): Wind turbines and adverse health effects: Applying Bradford Hill’s criteria for causation. Environ Dis 2021;6:65-87

Abstandsregeln und als Strafe für Windkraft-Kritiker Sandschaufeln für Hochwasserdämme – Quaschnings ausgrenzende Menschenverachtung mit dem Kunstgriff diffuser Gleichsetzung

Einen absoluten Tiefpunkt der Diskurs-Qualität erreicht Quaschning, wenn es um Abstandsregeln für Windkraft von menschlichen Wohnsiedlungen geht ; wörtlich(fette Hervorhebung durch WE): „(…)das Beste, was den bürgerlichen Parteien einfällt, ist halt auch um diese Bevölkerungsgruppe zu buhlen. Sie stärken dann ihre Aussagen, indem sie sagen: „Schaut her, wir mögen auch keine Windräder! Wir führen große Abstandsregelungen ein!“Das ist natürlich fatal, weil wenn man mal mit den Abstandsregeln unsere Klimaneutralitätsziele durchrechnet, können wir in Deutschland gar nicht mehr ausreichend Windräder zubauen, um klimaneutral zu werden. Ich wäre dafür, dass all diejenigen, die den Bau neuer Windräder boykottieren wollen, sich mal am Bau der Hochwasserdeiche beteiligen. Einfach zwei Wochen Sand schaufeln, dass man das mal am eigenen Körper erfährt, was man damit anrichtet. Denn diese Auswirkungen sind die Konsequenz davon, wenn man Windräder verhindert.

Es lohnt, Quaschnings  Kunstgriff der diffusen Gleichsetzung, der in der EE-Klimaschutz-Blase selbst von angesehenen Gegenwart-Philosophen eingesetzt wird, wenn es um Ausgrenzung abweichender Meinung geht, in diesem Falle genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Erneuerbaren-Verfechter setzt perfide gleich zweimal diffus gleich:

Erstens: Bau neuer Windräder ist gleich Verhinderung des Meeres-Spiegel-Anstiegs und/oder von anderweitigen Hochwassern…Zweitens: die Bösen, die da Kritik üben, werden gleichgesetzt mit Hochwasserverursachern. Sie sind damit Weltverderber und sollen am eigenen Leib „Erfahrung“ sammeln, was sie anrichten. Zur Strafe: Zwei Wochen „Sand schaufeln“. Das also ist die Konsequenz davon, wenn man Windräder verhindert (!). Abgesehen davon, dass sich in Quaschnings Aussagen Schlichtheit und Menschenverachtung die Hand reichen, darf daran erinnert werden, dass schon seit längerer Zeit an Hochwasserdeichen nur im Notfall „Sand geschaufelt“ wird, ansonsten aber High-Tech-Bauwerke mit High-Tech-Maschinen zum Hochwasserschutz für Menschen und ihr Hab und Gut weltweit eingesetzt werden. Anpassung und Resilienz sind nicht umsonst Themen rund um den Klimawandel.

Ich greife den Meeresspiegel-Anstieg heraus, zu dem es neueste Erkenntnisse gibt; aus der eine brandaktuelle Publikation begleitenden Pressemitteilung der TU Dresden vom 07.02.2022 sei zitiert: „Von 1993 bis 2016 stieg der globale Meeresspiegel laut Satellitenmessungen im Mittel um 3,0 Millimeter pro Jahr (mm/Jahr). Der Beitrag thermischer Ausdehnung wird mit 1,1 mm/Jahr abgeschätzt. Das sind 38% des gemessenen Meeresspiegelanstiegs. Der Massenbeitrag wurde mit 1,7 mm/Jahr ermittelt (57% des gemessenen Anstiegs). Er enthält 0,6 mm/Jahr (21%) von den Gletschern außerhalb von Grönland und Antarktis, 0,6 mm/Jahr (20%) von Grönland, 0,2 mm/Jahr (6%) von der Antarktis und 0,3 mm/Jahr (10%) von der Abnahme der kontinentalen Wasserspeicherung. Im jüngeren Teilzeitraum von 2003 bis 2016 war der Meeresspiegelanstieg stärker (3,6 mm/Jahr), weil der Massenbeitrag zugenommen hat. Dieser betrug nun etwa 2,4 mm/Jahr und damit 66% des gesamten Meeresspiegelanstiegs, während der thermische Ausdehnungseffekt mit etwa gleichbleibenden 1,2 mm/Jahr nur noch 33% ausmachte. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Studien der letzten Zeit….“

Es geht beim Bloßstellen der Qualität in Quaschnings Verlautbarung nicht darum, den derzeitigen Meeresspiegelanstieg zu ignorieren. Wenn in Hundert Jahren aber tatsächlich der Meeresspiegel um 30 bis 40 cm angestiegen sein sollte, hat die Menschheit alle Möglichkeiten, sich und ihre Siedlungsmuster in einem solchen Zeitrahmen – endlich – vernünftig an wiederkehrende Hochwasserereignisse anzupassen. Das gilt nicht nur an den Küsten, sondern gerade auch für Siedlungsmuster in schon immer hochwassergefährdeten Fluss-, Bach- und Talauen.

Quaschning bemüht den abwegigen Katzenvergleich

Dass und wie Volker Quaschning im weiteren Verlauf des Interviews mit dem altbekannten Katzen-Windkraft-Vogeltod-Vergleich ein weiteres Mal unter der Messlatte für einen selbst nur halbwegs qualitativ angemessenen Diskurs durchspringt, wie er plaudert in einem Themenfeld, in dem ihm Kompetenz kaum zuzuschreiben ist, sei mit einem letzten Zitat belegt; auch hier wird vielfach Nachgesprochenes der Windkraft-Echokammer letztlich nur noch einmal aufgewärmt (fette Hervorhebung WE): “ (…)Jetzt darf man natürlich nicht vergessen, dass es um ein Vielfaches mehr Katzen als Windräder gibt in Deutschland. Wir reden also einerseits über mehrere zig Millionen tote Vögel durch Katzen, aber anderseits vielleicht über 100.000 tote Vögel durch Windkraftanlagen. (…) Die Tragweite wird aber erst deutlich, wenn wir das auf die Spitze treiben. Es gibt Fälle, bei denen der Artenschutz zu einer Ablehnung eines Windparks geführt hat, weil ein Brutpaar einer seltenen Art entdeckt wurde, wie z. B. der Rotmilan. Das ist aber fatal, denn jede Windkraftanlage, die wir nicht bauen, befeuert die Klimakrise und wir wissen heute schon, dass ein Großteil dieser seltenen Vogelarten durch die globale Erwärmung aussterben wird. Statt das aber als Argument FÜR den Ausbau regenerativer Energien zu nutzen, wird die Sachlage verkürzt und von der Gegenseite ins Feld geführt…“

Richtig – das ist es: Auf die Spitze getrieben… 

Hauskatzen töten Singvögel und viele Kleintiere in großer Zahl. Und zwar weltweit. Weshalb es wünschenswert ist, ihre Zahlen einzudämmen. Und zwar durch konsequente Fang- und Kastrationsprogramme. Ist jedoch ein diffus gleichsetzender Zahlen-Vergleich zum Tod von Großvögeln an Windkraftanlagen seriös? Mit Sicherheit: Nein. Foto: Anna Lena Leimbach-Epple

Der Vergleich der Kleinvogel-Prädation durch Katzen mit dem Tod von Großvögeln an Windkraftanlagen wird auch in den windkraft-affinen Umweltorganisationen immer wieder herangezogen. Die Schätzungen reichen für Deutschland von 30 bis 200 Millionen durch Hauskatzen getötete Kleinvögel, und gehen damit weit auseinander.

Zunächst: Niemand bestreitet, dass Hauskatzen Singvögel und andere kleine Wildtiere in sehr großer Zahl umbringen. Aber: Was soll der Äpfel-Birnen-Vergleich eigentlich transportieren und suggerieren? Auf seiner Homepage dröhnt Volker Quaschning schon lange: Vogelkiller Windkraft? Erschießt alle Katzen! (erschienen in der Zeitschrift agrarheute ENERGIE 11/2017, S.22.)

Zurück zum abgedroschenen Neuaufguss im Utopia-Interview. Zunächst sollte sich Quaschning über Fortpflanzungsstrategien der Vögel und die daraus folgenden Einschätzungen von Verlusten vertraut machen. Auch beim Thema Individuenschutz hätte er Lernbedarf. Zur steilen Aussage „Ein Großteil (!) dieser seltenen Vogelarten wird durch die globale Erwärmung aussterben…“ wüsste man schon gerne: Welche seltenen Vogelarten meint der Mitinitiator von „Scientist for Future“ und Windkraft-Einpeitscher Quaschning? Welche Belege für diesen Großteil seltener Vogelarten, die durch die globale Erwärmung aussterben werden, hat er? In solcher Vereinfachung ist die Aussage purer Nonsens.

Schlussbemerkung

Grobschlächtigkeit, Simplifizierung, Verkürzung und kaum versteckte Hetze ziehen sich durch das gesamte Quaschning-Interview bei „Utopia“. Zum Ende lamentiert dieser Meister der Verkürzung über Verkürzung. Volker Quaschning hat schon an anderer Stelle in kruder Weise Halbgares „berechnet“, und in gewagt-primitiver Weise über die CO2-Emissionen die Schuld an Folgen von Naturkatastrophen Deutschland zugewiesen. Ein Beispiel:

17. Januar 2020: Die abwegige Arithmetik des Volker Quaschning zu den Buschfeuern in Australien

Dem Ansehen der „Scientists for Future“ und seiner ihn beschäftigenden Hochschule (HTW Berlin) jedenfalls erweist Volker Quaschning mit Wortmeldungen dieser Qualität keinen guten Dienst. Es wird Zeit, dass öffentliche Äußerungen eines Lehrers an einer deutschen Hochschule einem Qualitäts-Check unterzogen werden. Wo sind in diesem Falle die „Fakten-Checker“ und Aufpasser der politischen Korrektheit, wenn Windkraft-Kritiker zur Strafe an die Schaufeln gerufen werden sollen, und PKW-Innengeräusche mit pulsierendem Infraschall, der von Windkraftanlagen ausgeht, gleichgesetzt werden? 

Vielleicht sollten Volker Quaschning und seine Windkraft-fanatisierten Beifallklatscher im Gegenzug zum Sandschaufeln für Windkraftkritiker ihrerseits an nicht motorisierte Handsägen, Schaufeln und Spaten einberufen werden, um jeweils die Rodungsarbeiten und das Plattmachen in wertvollen Waldgebieten, die für Windraft „geräumt“ werden, händisch durchzuführen, Baum für Baum. Damit man – Quaschnings Worte –  mal am eigenen Körper erfährt, was man damit anrichtet.