Oktober 7, 2024

Schlüsselbegriffe des Naturschutzes II: Vielfalt

Das Bild zeigt eine Gottesanbeterin, hängend am Ast eines Citrus-Baumes. Der enorme Artenreichtum der Insekten ist sowohl Symbol für die Vielfalt des Lebens auf der Erde als auch für ihre umfassende Bedrohung. Die Aufnahme entstand auf Mallorca im Jahr 2014. Foto: Wolfgang Epple.

Umfassende Bedrohung der Vielfalt – umfassende Bedrohung des Lebens

Vorbemerkung zur Begriffswahl: Biodiversität umfasst als Überbegriff die Vielfalt der Lebensräume (Ökosysteme), die Vielfalt der Arten (Spezies), und die genetische Vielfalt (Variabilität) innerhalb der Spezies (mit Unterarten, siehe das auf der Homepage gewählte Beispiel Leopard). Im Folgenden soll Biodiversität als Synonym für die Vielfalt des Lebens auf der Erde verwendet werden.

Zur Vielfalt des Lebens gehört seit der „neolithischen Revolution“ die wachsende Zahl und (zunächst) wachsende innerartliche Vielfalt der vom Menschen in „Obhut“ und Zucht genommenen Arten. Erwähnt werden muss, dass auch diese Vielfalt der vom Menschen gezielt weiterentwickelten Spezies, also die der „Nutztiere“ und „Nutzpflanzen“ inzwischen bedroht ist. Eine alarmierende Entwicklung, die seit Jahren bekannt ist und diskutiert wird. Die parallele Bedrohung der wilden Vorfahren dieser „Nutzorganismen“ verschärft die Problematik und hat Auswirkungen auf die Sicherheit der zukünftigen Ernährung einer weiter wachsenden Weltbevölkerung. Für eines der Hauptgetreide der Menschheit, den Reis, ist diese kritische Entwicklung längst bekannt und zu wenig beachtet. Festzuhalten bleibt:

Die Vielfalt des Lebens auf der Erde ist in praktisch allen Bereichen umfassend bedroht.

Die Beweislage ist erdrückend: Unter den wissenschaftlich gesicherten Überschreitungen der planetarischen Grenzen ist diese im Bereich der genetischen Vielfalt besonders weit fortgeschritten, während der Klimawandel zwar an Einfluss gewinnt, sich jedoch noch im Bereich einer gewissen Unsicherheit befindet (Steffen, W. et al (2015): Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planetScience Vol. 347, Issue 6223, 1259855; DOI: 10.1126/science.1259855 http://science.sciencemag.org/content/347/6223/1259855).

Wasser, Wald, Relief: Bereits intuitiv erfassbare und für die Sinne greifbare Vielfalt des Lebens auf der Erde. Das Bild entstand in der Nähe von Salzburg. Foto: Wolfgang Epple
Der Kranich symbolisiert als „Flaggschiff“ vielfältiges Leben in den Feuchtgebieten Europas. Auch dann, wenn die Bestände des Kranichs in Europa insgesamt „stabil“ erscheinen, ist der Verlust der Lebensräume, auch ihre Industrialisierung mit Windkraftanlagen, eine Bedrohung. Das Bild entstand im „Teufelsmoor“ nähe Worpswede nördlich von Bremen. Foto: Christine Finckh.

Die Bedrohung der Vielfalt des Lebens wird aktuell in der Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen am Rückgang der Insekten („Insektensterben“) in der intensiv genutzten Agrarlandschaft – besonders am Beispiel der allseits beliebten Schmetterlinge. Die Fotos zeigen einen Schwalbenschwanz (oben und einen Distelfalter. Auch wenn beide Arten im Moment nicht gefährdet sind, vermitteln sie mit ihrer Schönheit Sympathie für die insgesamt bedrohte Insektenwelt Fotos: Wolfgang Epple

Erdhummel (oben) und Ackerhummel (unten) Fotos. Wolfgang Epple. Auch nicht seltene Arten sind für die Lebensgemeinschaften von allergrößter Bedeutung. Die Hummeln, die bei relativ niedrigen Temperaturen noch aktiv sind, spielen eine große Rolle als Bestäuber auch im Obstanbau.
Grauschnäpper, in unserem Garten. Er ist auf dem Weg zur Fütterung seiner Jungen in einem Nest auf der Firstpfette des Hauses. Insekten sind Hauptnahrung der meisten Singvögel zur Jungenaufzucht. Ohne Insekten keine Vögel in unserer Nachbarschaft…Foto: Wolfgang Epple

Neben der Rolle als Bestäuber spielt die Vielfalt und Masse der Insekten eine entscheidende Rolle als Nahrungsgrundlage für Vögel, Kleinsäuger und für die Stabilität der gesamten Lebensgemeinschaften. Das Bild zeigt einen Seidigen Glanzrüssler (Polydrusus formosus), einen typischen Bewohner von Laubwäldern. Er ist nur wenige Millimeter groß und nicht selten. Foto: Wolfgang Epple

Gebirgsstelze bei der Bodenjagd auf Insekten. Beute wird mit schnellen, trippelnden Spurts (im Bild) und auf kurzen Flugsprüngen gemacht. Auch sie trägt – typisch während der Jungenaufzucht, siehe oben der Grauschnäpper, mehrere Beutetiere gleichzeitig im Schnabel. Foto: Wolfgang Epple

Der Artenreichtum ist in fast allen Bereichen auch der einheimischen Fauna beachtenswert. Bei genauem Hinschauen öffnet sich eine anregende Erlebniswelt. Von oben: Schlingnattern bei der Paarung. Immer wieder werden Schlingnattern mit Kreuzottern verwechselt und getötet. Leider werden diese Schlangen zu Unrecht gefürchtet. Mitte: Bänderschnecken, häufig in Gärten als „Schädlinge“ bekämpft. Unten: Wechselkröte, ein wärmeliebender und in Mitteleuropa nicht häufiger, streng geschützter Vertreter eines vielfältigen Artenkomplexes. Alle Fotos: Wolfgang Epple

Verlust der Vielfalt des Lebens drückt sich bereits quantitativ aus

Gigantische 550 Gigatonnen (550 Milliarden Tonnen) – so viel wiegt das gesamte tierische, pflanzliche und sonstige Leben auf der Erde. Das haben zumindest Autoren um Yinon Bar-On vom Weizmann Institute of Science in Rehovot berechnet und in »PNAS« vorgestellt. Wir Menschen machen von dieser Biomasse nur einen Bruchteil aus, denn gerade einmal 0,06 Gigatonnen entfallen auf unsere Körper, so dass wir »nur« ebenso viel wiegen wie aller Krill im Ozean oder alle Termiten an Land. Dennoch dominieren wir nahezu den ganzen Planeten, und zusammen mit dem Gewicht unserer Nutztiere von 0,1 Gigatonnen übertreffen wir das Gesamtgewicht aller anderen wildlebenden Säugetiere um das 20-Fache. Und auch die Haushühner und anderes Zuchtgeflügel bringen insgesamt mehr Biomasse auf die Waage als ihre wilden Verwandten.

Stand 2018: Wie die Wissenschaftler kalkulieren, haben wir seit der Eiszeit die Hälfte der pflanzlichen Biomasse und 85 Prozent der wilden Säugetiere ausgelöscht.

Der Goldchakal Canis aureus ist einer der mittelgroßen Beutegreifer aus der Familie der Hundeartigen, der entgegen dem weltweiten Trend der Arealverluste großer Säugetiere gegenwärtig sein Verbreitungsgebiet in Europa von Südosten her ausweiten kann. Foto: Wolfgang Epple

Die Big Killers der Artenvielfalt sind bekannt:

In einer Auswertung der Daten von über 8000 Spezies der „Roten Listen“ der IUCN aus dem Jahr 2016 rangiert der Klimawandel als Treiber des Artensterbens auf Rang 7. Daran ändert sich in wenigen Jahren nichts Grundsätzliches. Und dies entspricht allen weltweiten gründlichen Forschungen zu den Zusammenhängen zwischen menschlichem Einfluss auf den Planeten und dem Verlust bzw. der Bedrohung der Biodiversität. Die „Big Killers“ sind bekannt. Der Handlungsbedarf ist unumstritten.

Ganz grundsätzlich ist die Vernichtung der Primärwälder weltweit ein drängendes Problem beim Verlust der Artenvielfalt, siehe die Seite zu den Wäldern hier.

Blick in ein Primärwald-Relikt des pazifischen Regenwaldes Nordamerikas. Das Bild entstand 1995 in der Nähe von Seattle/U.S.A. Foto: Wolfgang Epple. Noch nicht angetastete Primärwälder sind weltweit kostbarste Naturschätze.
In den US-Staaten Washington und Oregon sind nur noch ca. 10 % der ursprünglichen gemäßigten Küsten-Regenwälder erhalten. Weltweit sind etwa 60 % der Küsten-Regenwälder der gemäßigten Zonen (im Süden: Chile, Argentinien, Neuseeland, Tasmanien; im Norden: Kanada, USA, Norwegen, Japan, einst Schottland und Irland) bereits abgeholzt, durch Nutzung entwertet und unwiederbringlich zerstört. Mit fatalen Konsequenzen für die Biodiversität.

Big Killer Nr. 1: Landnutzung und Landnutzungswandel – heutige Intensivlandwirtschaft

Insbesondere die Form und heutige Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung trägt zum weltweiten Artensterben entscheidend bei:

Ackerbau, Pflanzenschutz, Sprühnebel, Ausleger
Unbestritten: Die industrielle Landwirtschaft mit all ihren Begleitumständen gehört zu den Hauptbedrohungsfaktoren für die Vielfalt des Lebens auf der Erde, auch für die Vielfalt der Nutz-Organismen der Landwirtschaft selbst – etwa der Vielfalt an Getreidesorten. Foto: Erich Westendarp, Pixabay

Am Beispiel der Vögel ist dies für Europa gut erforscht. In einem Übersichtsartikel in „Spektrum.de“ sind viele der Fakten zusammengetragen.

Schafstelze. Foto: Eilert Voß. Viele Vögel des Offenlandes und der „Feldflur“ in Europa sind auf Grünland in einer extensiven Nutzungsform angewiesen. Zu ihnen gehört auch die Schafstelze, die sich überwiegend von kleineren Insekten ernährt. Dass diese Art, die vor allem im Tiefland verbreitet ist, auch auf Äcker ausweichen kann, widerspricht nicht der grundsätzlichen Bedeutung von Extensiv-Grünland für den Artenschutz.

Big Killer Nr. 2: Verstädterung, Zersiedelung für Industrie, Verkehr, Wohnen

Als weiterer hauptsächlich zum Artensterben beitragender „Big Killer“ rangiert die weltweite Zersiedelung im Rahmen Verstädterung in der Auswertung der IUCN-Daten an zweiter Stelle. Wie neueste Forschungen in Ungarn an Kohlmeisen zeigen, sind die Stadtlebensräume, die von vielen Arten im Rahmen ihrer Koexistenz mit dem Menschen genutzt werden, auch hinsichtlich ihrer Nahrungsgrundlagen-Qualität alles andere als ausreichend. Insbesondere sind auch in der Stadt die Insektenbestände zurückgegangen und bieten für Vögel offensichtlich immer weniger ausreichende Grundlagen zur Ernährung einer gesunden Nachkommenschaft…

Berlin, Berlin-Kreuzberg, Berlin-Mitte
Weltweit geht „städtische Entwicklung“ einer zahlenmäßig weiter wachsenden Menschheit ohne Ausnahme auf Kosten der Natur.
Das Bild zeigt Berlin-Kreuzberg. Foto: Pixabay

Fazit: Nicht nur auf dem Land, nicht nur durch Landnahme des Menschen für Siedlung, Industrie und Verkehr, sondern auch innerhalb der so entstandenen urbanen Lebensräume geht es bergab für viele Arten.

Ein herausragendes Beispiel für genetische und evolutionäre und gleichzeitig bedrohte Vielfalt liefert im Bereich der Blütenpflanzen die Familie der Orchideen weltweit. Sie erregen die Aufmerksamkeit von Botanikern und Laien unter den Pflanzenliebhabern gleichermaßen. Viele einheimischen Orchideen sind im Rückgang begriffen. Lebensraumzerstörung durch „Meliorationen“, d.h. Trockenlegung von Nasswiesen und Sümpfen oder Mooren, Überdüngung oder nicht standortgerechte Nutzung sind Gefährdungsfaktoren und Rückgangsursache z.B. bei den Knabenkräutern:

Natur, Orchidee, Knabenkraut, Blüte, Nahaufnahme, Wiese
Viele Knabenkräuter sind in Mitteleuropa auf extensive Nutzung von Grünland angewiesen und deshalb durch Melioration, Trockenlegungen, Düngung oder Umbruch von Wiesen in Ackerland bedroht. Foto: Pixabay
Der „Teufelsabbiss“ gehört zu den Kardengewächsen. Er kommt in Magerwiesen vor und ist im Rückgang begriffen wie die meisten Blütenpflanzen, die im intensiv genutzten Grünland mit häufigem Schnitt und starker Düngung nicht mehr überleben können. Das Bild entstand auf einer extensiv genutzten Wiese im Vorderen Bayerischen Wald. Foto: Wolfgang Epple

Klimawandel und Biodiversität – ein komplexes Thema, differenzierte Sicht erforderlich

Im erdgeschichtlichem Maßstab hat sich das Klima stets gewandelt, und das Leben musste sich im Rahmen der Evolutionsprozesse anpassen. Durch die Inbesitznahme und Veränderung großer Bereiche durch den Menschen sind diese natürlichen Anpassungsprozesse heute erschwert, oder sogar verunmöglicht:

Verschiebung von Vegetationszonen oder der Verbreitungsgebiete von Arten wäre nötig. Dies findet auch statt, ist aber vielerorts durch von Menschen geschaffene Barrieren und Veränderungen kaum mehr möglich. Bildlich gesprochen: Die Pfade der Evolution in die Zukunft sind verengt, und teilweise ganz versperrt.

Die Gleichsetzung oder gar Hintansetzung des Themas Verlust der Biodiversität hinter den Faktor Klima im Rahmen der Hysterie und des medialen und politischen Hypes um den Klimawandel allerdings ist nach heutigem Wissenstand in keiner Weise gerechtfertigt (Argumentation ausführlich in Epple 2017). Vielmehr gilt:

Der Verlust der Biodiversität gehört mit schonungslosem Blick auf die Gründe on Top der Agenda der Überlebensfragen der Menschheit.

Zu den Auswirkungen des Klimawandels ist ohnehin eine differenzierte Sicht erforderlich:

Klimaerwärmung bedeutet nicht pauschal Verlust von Artenvielfalt

Wie sehr sorgfältiges Beobachten und Argumentieren hinsichtlich der Artenvielfalt gerade in Zeiten der um sich greifenden Klima-Hysterie nötig sind, zeigt eine Studie an den Wildbienen des Botanischen Garten in München. Diese Studie, auf die ich hinweise, ist deshalb heuristisch äußerst wertvoll, weil sozusagen „System-bereinigt“ gezeigt wird, dass der Klimawandel auf eine Insektengruppe, von der das zu erwarten war, ganz anders wirkt, als die Klima-Alarmisten inzwischen zu praktisch jedem Thema zu streuen versuchen. Fallen Gifteinsatz und negativ wirkender Landnutzungswandel (Intensiv-Landwirtschaft) weg, sind wärmeliebende (Insekten-)Arten durch die Klimaerwärmung wie zu erwarten auf dem Vormarsch – q.e.d.. Mit der Wildbienenstudie im Botanischen Garten München liegt ein sehr illustres Langzeit-Freiland-„Experiment“ mitten im durch Intensivnutzung geprägten und gekennzeichneten Mitteleuropa vor. Einige Zitate aus der die Studie begleitenden Pressemitteilung der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns vom 22. 03.2018 (veröffentlicht hier), (fette Hervorhebung durch WE):

„Mindestens 106 Wildbienenarten kommen im Botanischen Garten München-Nymphenburg vor, eine Zahl, die sich in den letzten Jahren durch das Hinzukommen von 15 wärmeliebenden Arten erhöht hat. Eine weit verbreitete Fehleinschätzung ist es, dass am derzeit festgestellten drastischen Insektenrückgang auch die Klimaerwärmung mit schuld sein könnte. Es ist jedoch schon lange bekannt und nachgewiesen, dass diese eher zu einer Vermehrung der Insektenanzahl führen würde, denn wärmeliebende Insekten sind in mediterraneren Klimaten, und natürlich den Tropen, schon immer zahlreicher als in mehr nördlichen Breiten. (…)Die Ergebnisse sind überraschend deutlich: wurden 1997-1999 noch 79 Wildbienenarten im Botanischen Garten nachgewiesen, konnten 20 Jahre später 106 Arten gefunden werden. Im gesamten Stadtgebiet München sind seit 1990 192 Bienenarten von Insektenkundlern gefunden worden, das heißt 55% aller Münchner Bienenarten kommen auch im Botanischen Garten mit seinem reichhaltigen Angebot an Nahrung und Nistplätzen vor. Eine Untersuchung der Temperaturpräferenzen der neu gefundenen und der nicht mehr gefundenen Arten ergab: von den 1997-1999 nachgewiesenen 79 Arten wurden 62 von 2015 bis 2017 wiedergefunden (einige davon sind heute sehr viel häufiger), aber 15 wärmeliebende Wildbienenarten wurden erstmals gefunden. Drei Wildbienenarten, die eher kühlere Lebensräume (wie Wälder) bevorzugen, wurden nicht wiedergefunden. Zwischen 1997 und 2017 hat sich die durchschnittliche Temperatur während der Vegetationszeit in München um 0.5 °C erhöht, während die Winter immer kürzer wurden. (…)Keinerlei Zusammenhang konnte dagegen gefunden werden zwischen Verschwinden oder Neufund und dem Rote-Liste-Status oder den Nahrungspräferenzen der Arten (ob sie z.B. auf bestimmte Blüten spezialisiert sind oder nicht) – lediglich die Wärmepräferenzen der Bienenarten waren signifikant für ihr Vorkommen.“

Hier geht es zur Originalarbeit, die die Sicht auf das in aller Munde geführte Insektensterben zumindest komplettiert:

Hofmann, M.M., Fleischmann, A. & Renner, S.S. Changes in the bee fauna of a German botanical garden between 1997 and 2017, attributable to climate warming, not other parameters. Oecologia 187, 701–706 (2018). https://doi.org/10.1007/s00442-018-4110-x

https://link.springer.com/article/10.1007/s00442-018-4110-x

Eine weitere aktuelle Feldarbeit aus Bayern belegt, dass die Erderwärmung sich nicht per se negativ auf die Vielfalt der Insekten in unseren Breiten auswirkt, dass vielmehr intensive Landwirtschaft und auch Verstädterung Schlüsselfaktoren für das „Insektensterben“ sind; hier der Link zum Artikel in „nature“:

Uhler et al (2021): Relationship of insect biomass and richness with land use along a climate gradient. Nature Communications, 12. Oktober 2021, Open Access. doi.org/10.1038/s41467-021-26181-3

In einer begleitenden Mitteilung der Universität Würzburg lässt bereits eine Teilüberschrift aufhorchen:

„(…) Insekten profitieren von höheren Temperaturen

„In dieser Studie konnten wir zum ersten Mal die Auswirkungen von Klima und Landnutzung auf Insekten in einer mitteleuropäischen Landschaft voneinander trennen“, erklärt Jörg Müller. „Interessanterweise haben die Temperatur am Standort sowie die durchschnittliche Jahrestemperatur ausschließlich positive Auswirkungen auf die Biomasse und die Vielfalt der Insektenpopulationen. Die Form der Landnutzung dagegen wirkt sich unterschiedlich auf Biomasse und Diversität aus“.

„Den größten Unterschied bezüglich der Insektenbiomasse fanden wir zwischen naturnahen und städtischen Gegenden. In der Stadt war die Biomasse um 42 Prozent niedriger. Die Insektenvielfalt war dagegen im Agrarbereich im Vergleich zu naturnahen Lebensräumen um 29 Prozent geringer. Von bedrohten Arten fanden wir in Agrarräumen sogar 56 Prozent weniger“, sagt Johannes Uhler, JMU-Doktorand und Erstautor der Studie. (…)“ Zitat Ende.

Zur Illustration zwei sehr auffällige Vertreter der Wirbellosen, die von der Klimaerwärmung profitieren; ein Insekt, ein Spinnentier:

Lavendel, Holzbiene, Natur, Nahaufnahme, Insekt, Biene
Die wärmeliebende, besonders große Blauschwarze Holzbiene gehört zu den durch den Klimawandel geförderten Neuankömmlingen im Botanischen Garten München. Foto: Sabine Majetic, Pixabay
Die Wespenspinne, eine besonders auffallend gefärbte Radnetzspinne, war früher in Mitteleuropa eine Seltenheit. Sie hat in den letzten fünf Jahrzehnten ihr Areal in Europa erheblich ausgedehnt und ist inzwischen auch in Deutschland nicht selten. Dieses Exemplar hat gerade seine Beute eingesponnen. Wärmeliebende Wirbellose sind im Zuge des Klimawandels nicht benachteiligt. Das Bild entstand im Vorderen Bayerischen Wald. Foto: Wolfgang Epple

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