April 24, 2024

27. Februar 2020: Weitere von der Regierung Merkel zu verantwortende Schwächung des Artenschutzes in Deutschland – diesmal trifft es den Wolf

Der Bundesrat stimmte am 14. Februar 2020 der Änderung des Bundesnaturschutzgeseztes BNatschG zu. Damit ist die Aufweichung des Schutzes des Wolfs in Deutschland vollzogen. Das war zu erwarten.

Was in der Öffentlichkeit und in den deutschen Mainstream-Medien kaum wahrgenommen wird: Die Aufweichung des strengen, Individuen-bezogenen Artenschutzes hat in Deutschland in der Ära der Klimakanzlerin Angela Merkel Methode. Denn auch zu Gunsten der naturschädigenden Windkraftindustrie wurde und wird an den Stellschrauben des Artenschutzrechtes gedreht – jeweils zu Gunsten einschlägiger Partikularinteressen (vgl. Epple 2017). Ganz aktuell steht hierfür der Anschlag des Wirtschaftsministers auf den Naturschutz im Rahmen der Interessen der Windkraftindustrie (kommentiert in Epple 2019, siehe hier).

Wolf, Raubtier, Mongolisch, Mongolischer Wolf, Predator
Rotmilan, Raubvogel, Fliegen, Greifvogel, Vogel, Himmel
Was haben Wolf und Rotmilan (beide Fotos: Pixabay) gemeinsam mit allen Arten, die in Interessenkonflikt mit menschlicher Naturnutzung geraten?
Durch die Bedienung von Begehrlichkeiten und Partikularinteressen werden die hohen Standards des europäischen Artenschutzes in Deutschland zur Makulatur. Die jüngsten Gesetzesänderungen dürften einer Überprüfung durch die zuständigen Gerichte kaum standhalten.

Über die Änderung der Rechtslage zu Ungunsten der Wölfe berichtet u.a. der „Blog Bayern Wild“ mit dem Abdruck einer Pressemitteilung der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW) 

Hier mein Kommentar zur verloren gegangenen Vorreiter-Rolle Deutschlands im europäischen Naturschutz, erschienen im

Naturschutz Magazin der Naturschutzinitiative e.V. Ausgabe 01/2020

ARTENSCHUTZ MADE IN GERMANY – 

vom Ende der Anmaßung 

Ein Kommentar von Dr. Wolfgang Epple 

Deutschland soll seinen Beitrag leisten. Wir sind Vorreiter. Das ist das Mantra der Politik, wenn es um „Klimaschutz“ und Weltrettung geht. 

Hohe Standards einführen, anderen den Heilsweg vorgeben. Das war seit Jahrzehnten die ähnliche Anmaßung, wenn es um den Naturschutz in Europa ging. 

„Deutschland einig Musterland“ – so würden die politisch Verantwortlichen, die seit „Fridays for Future“ die Rettung der Welt predigen, Deutschland gerne positionieren. Es sind Politiker aller Parteien, die täglich in den Medien die „grüne“ Zeitgeist-Welle surfen. 

Naturvergessene Politik 

Wollen wir einmal davon ausgehen, das Narrativ von Nachhaltigkeit, Weltrettung durch „Klimaschutz“ und vom dringend notwendigen Erhalt der Biodiversität sei nicht inszeniert, sondern ernst gemeint. Warum handeln dann dieselben Apologeten, wenn es ernst wird in Sachen Natur- und Artenschutz, so naturvergessen? Die Klimakanzlerin verantwortet eine in der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommene gezielte Aushöhlung des Naturschutzes. Nach dessen Schwächung zu Gunsten der Windkraftindustrie wird nun auf populistischen Druck der Schutz des Wolfes gezielt aufgeweicht. 

Wölfe sitzen im gleichen Boot wie „windkraftsensible“ Arten, wenn ihr individuelles Lebensrecht durch „Artenschutz Marke Deutschland“ im Ernstfall abgeschafft werden soll. Ihr Schutz durch die Standards der EU-Richtlinien zum Naturschutz ist Ergebnis des historischen europäischen Einigungsprozesses. Es muss erinnert werden, wie umkämpft Formulierungen und Anhänge sowohl der Vogelschutzrichtlinie als auch der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind und waren. Dass es überhaupt einen hohen europäischen Standard für den Naturschutz gibt, grenzt an ein Wunder. Dies gilt gerade für die Formulierungen zu möglichen Ausnahmen vom Schutz in Artikel 16 der FFH-Richtlinie. 

Ist die klare Sprache des europäischen Naturschutzes für Deutschland nicht mehr bindend? Wir erinnern: Auch für die Interessen der Windkraftindustrie hat die Regierung Merkel den individuellen Schutz wildlebender Tierarten entscheidend geschwächt. 

Missachtung der EU-Rechte 

Soll dies die Rolle des Vorreiters sein, wenn Standards des EU-Rechtes missachtet werden? Der Naturschutz gehört zum Staatsziel nach unserem Grundgesetz. Wo bleibt dieses Staatsziel, wenn für den naturfressenden Durchmarsch der Windkraftindustrie der Schutz von Wildtieren und Lebensräumen ausgehebelt wird? Was ist das Staatsziel wert, wenn in Deutschland ganze Wolfsrudel auf Verdacht zusammengeschossen werden sollen? Dieser „Artenschutz made in Germany“ ist kein Vorbild, nicht einmal für den „Pragmatismus“, den man ständig von denen fordert, die wehrlose Natur verteidigen. 

Im „Klimaschutz“ spielen vielstellige Milliarden-Ausgaben keine Rolle. Zu „Klima-Bürgern“ umerzogen soll das Vorreiter-Volk persönliche Opfer bringen. Wo bleibt die staatliche Vorbildfunktion, wenn der Schutz der Arten klare Anforderungen an uns stellt? Gerade dies ist europäische Errungenschaft: Konflikte bewältigen wir ohne Gewalt. Wann wird das zum Common sense im Umgang mit der Natur? Schutz von Arten im Interessenkonflikt: Da ist der Bewährungs-Spielraum für deutsche Möchtegern-Vorreiter, die so gerne mit dem Finger auf andere zeigen. 

Schwarzstorch, Vogel, Storch, Gefiedert, Schnabel, Nest
Der waldbewohnende Schwarzstorch gehört zu den windkraftsensiblen Arten, deren Schutz durch geplante und schon vollzogene Aufweichungen des Artenschutzrechtes in Gefahr geraten wird. Foto: Pixabay.

Die zunehmend einseitige und wiederholte Bedienung naturschädigender Interessen durch die Regierung Angela Merkel wird in die Geschichte des deutschen Naturschutzrechtes eingehen. Es sind historische Rückschritte.